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Die Streithähne lassen schreiben

SALZBURGER FESTSPIELE / BUDGET-DISKUSSION

15/06/12 Ein interessantes Schauspiel geht derzeit ab: Festspiel-Präsident Alexander Pereira und einige Kuratoriumsmitglieder, allen voran Wilfried Haslauer, haben sich offenbar entschieden, einander ihre mehr oder weniger sachlichen Argumente nicht hinter verschlossenen Türen, sondern via „Salzburger Nachrichten“ wissen zu lassen.

Von Reinhard Kriechbaum

Es wäre doch so einfach, ließ Alexander Pereira zum Beispiel die SN wissen. Man brauchte ihn nur anzurufen und sachliche Fragen zu stellen. Das habe aber außer Landeshauptfrau Burgstaller noch kein Kuratoriumsmitglied je getan. Haslauer werde er nächste Woche treffen „und ihm zwei Stunden lang erzählen, was ich vorhabe“.

Das ist wirklich an der Zeit, vielleicht hätte Pereira sogar schon früher einen Termin bekommen bei Haslauer. So flugs, wie sich das Direktorium dereinst für Alexander Pereira als Festspielintendanten entschieden hat, wird im Gremium jetzt offenbar nicht gehandelt. Das ist verständlich und gut so in Zeiten wie diesen. So manches Kuratoriumsmitglied hat ja in den letzten beiden Jahren am Beispiel der Osterfestspiele und der dubiosen Verflechtungen mit den Sommerfestspielen gelernt, dass es bei den Sitzungen doch nicht bloß um eintägige Sandkastenspiele geht. Genaueres Nachdenken macht sich unter Umständen bezahlt. Plötzlich sitzt Pereira jetzt einem Gremium gegenüber, von denen einige – so darf man mutmaßen – unterdessen der versäumten Gelegenheit nachweinen, nicht doch Markus Hinterhäuser für den Posten gekürt zu haben.

Jetzt jedenfalls steht man einander mit ziemlich divergenten Positionen gegenüber. Pereira stößt sich (wie jeder seiner Vorgänger bisher) an den eingefrorenen Förderbeträgen, was substantiell ob der wegen der Inflation steigenden Personal- und Betriebskosten natürlich am Budgetvolumen fürs Künstlerische nagt. Mehr Sponsorgeld, mehr Kartenerlöse (also zeitliche Ausweitung der Festspiele): Das ist im wesentlichen Pereiras Gegenrezept. Für 2013, wenn es gilt, Wagner und Verdi zu feien, will er alle Opernregister ziehen und das Budget von (heuer) von 57 Millionen auf 64 Millionen aufstocken.

Trotz der Meldungen dieser Tage, dass dieser und jener Sponsor mit ganz hohen sechsstelligen Beträgen an der Angel sei, ist das Kuratorium skeptisch. Die Sache sei ihm „nicht geheuer“, so Bürgermeister Schaden zu den SN. Präsidentin Helga Rabl-Stadler, selbst eine begnadete Sponsoren-Managerin, tat kund, dass 2013 voraussichtlich der Sponsoren-Beitrag mit 14 Millionen Euro höher sein werde als die derzeit zugesagten Subventionen (13,8 Millionen Euro).

Alexander Pereira sprach vollmundig davon, dass das Kuratorium mit seinem Zaudern die Festspiele „an die Wand fahre“. Er könne nicht mit einem Kuratorium arbeiten, „das jedes Mal drei Sitzungen braucht, um zu genehmigen, ob ich Muti oder Abbado engagieren darf“. Geht das wirklich nicht?

LHStv. Wilfried Haslauer, der heuer turnusmäßig dem Festspielkuratorium vorsteht, denkt nun öffentlich über Grenzen des Wachstums nach, fürchtet um Personalwucherung auf der Infrastrukturseite (sowohl bei den Festspielen selbst als auch in der Tourismuswirtschaft). Es könnte als alles viel zu groß und unüberschaubar werden für die Zeit nach 2013. Haslauer hat Sorge, dass die Zunahme an Sponsorengeld sich letztlich auch auf den „Mut, etwas gegen den Mainstream zu machen“ schlagen könnte. Diese Überlegung kommt spät. Da hätte man sich vielleicht dereinst doch eher gegen Pereira und für Hinterhäuser entscheiden sollen. Dem wäre vermutlich jemand anderer eingefallen als zum Beispiel heuer Heinz Holliger (ein lieber, solider älterer Herr) als Composer in residence.

Ein Blick auf den Zürcher Opernspielplan, auf die vergleichsweise exorbitant hohe Zahl an Premieren dort, hätte die Kuratoriumsmitglieder aber schon viel früher skeptisch stimmen müssen. Pereira hat seinerseits nie ein Hehl daraus gemacht, dass ihm viele Opern-Neuproduktionen wichtig und Wiederaufnahmen ein Gräuel sind. Sage also jetzt keiner, er hätte nicht gewusst, was Pereira vorhat.

Übrigens: Ein Blick an die Zürcher Oper (wo die fürs Wirtschaftliche des Hauses Verantwortlichen zuletzt gar nicht so glücklich waren mit Pereira) gibt Haslauer und den anderen vermeintlichen Bremsern durchaus gute Argumente in die Hand. Da haben zuletzt die Sponsoren nicht so gespurt und auch die Kartenerlöse blieben hinter Alexander Pereiras Erwartungen zurück. 3,82 Millionen Verlust im vergangenen, von Pereira verantworteten Zürcher Opernjahr – das kein Grund für Weltuntergangsstimmung, aber doch ein Wink, dass Vorausschau und kritische Einschätzung der Optionen durchaus sinnvoll ist.

Pereira drohte jüngst sogar mit Rücktritt, wenn man seinen Plänen nicht grünes Licht gäbe. Mit Verlaub: Jetzt, wo er – endlich! – Festspielchef geworden ist, wird ihm das keiner abnehmen.

Bilder: dpk-klaba/krie
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