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Die Erste in einem kollegialen Netzwerk

FESTSPIELE / YOUNG CONDUCTORS AWARD

30/04/12 Die 25jährige litauische Dirigentin Mirga Gražinyt?-Tyla ist aus dem Young Conductors Award im Vorfeld der Salzburger Festspiele siegreich hervorgegangen. Eine Juryentscheidung, der man als Hörer sehr gut folgen konnte.

Von Reinhard Kriechbaum

Die drei Finalisten – neben der Litauerin der in den USA lebende Argentinier Christian Baldini und der blutjunge Brite Jamie Phillips – haben am Samstag und Sonntag (28./29.4.) in der Felsenreitschule jeweils ein selbst gewähltes Konzertprogramm gestaltet. Es ist bemerkenswert, was man da zu hören bekam: Mirga Gražinyt?-Tyla beispielsweise hat mit einem Stück ihres Landsmanns Bronius Kutavicius ein attraktives Stück nicht nur geographisch etwas abseitiger Postmoderne vorgestellt. Wenn man will: eine illustrative Musik in der „Sacre du Printemps“-Nachfolge, die rhythmisch einprägsam religiöse Archaik beschwört. Die Mitglieder der Camerata waren da sogar zum Singen aufgefordert.

Ein Knüller mit Raritätenwert ist Leonard Bernsteins „Serenade nach Platons ‚Symposion’“. In dem 1954 entstandenen Stück verwandelte Bernstein Assoziationen, die er beim Lesen philosophischer Gedanken hatte, in ein gustiös tänzelndes, aber auch in kamermusikalischer Süße sinnlich schwelgendes Violinkonzert. Der Chinese Dan Zhu war der Solist. Wie die Dirigentin Mirga Gražinyt?-Tyla ihn und die Camerata „auf Linie“ brachte, wie sie flexibel auf die dialogische Struktur mancher Episoden einging und kollegial das Teamwork förderte: Das hat die Jury wohl mindestens so überzeugt wie das Publikum und das Orchester. Bitte die junge Dame unbedingt wieder ans Camerata-Pult holen, die Chemie stimmt!

Zumindest gleich überzeugend auch Mozarts Jupiter-Symphonie. „Eine der Hauptaufgaben des Dirigenten ist es, zu kommunizieren, zu vermitteln, die Impulse der anderen aufzunehmen und auf sie zu reagieren.“ So wird Mirga Gražinyt?-Tyla im Programmheft zitiert – und die Interaktion, wie sie in diese uneitle, musikantische Wiedergabe auszeichnete, bestätigte die Aussage.

Es ist nicht wenig Mut, mit der Jupiter-Symphonie sozusagen in die Höhle des Löwen zu gehen. Mut bewies auch Christian Baldini, der unter anderem einen echten symphonischen  Exoten, die Siebente Symphonie von Jan Sibelius, wählte. Baldini ist 34 Jahre alt, damit entschieden erfahrener als seine Mitbewerber. Das merkte man natürlich im Umgang mit dem einsätzigen Sibelius-Moloch, aus dem der Dirigent zwischen dem Akkord-Geschiebe der Streicher doch einiges an Aufhellungen, ein paar launig-tänzerische Melodien gar, herauskitzelte. Auch Baldini hat ein Stück von Mozart gewählt, die Begleitung des jungen Solisten Alexej Gorlatch im B-Dur-Konzert KV 456 mit dem Münchner Rundfunkorchester war routiniert und gefällig. György Ligetis 1951 entstandenes „Concert Romanesc“ und eine geschickt gemachte Eigenkomposition des Dirigenten („elapsing twilight shades“ aus dem Jahr 2008) rundeten die anregende Matinee ab.

Am Samstag Abend war das Mozarteumorchester tätig. Schön, wenn es einer wie der erst 21jährige Jamie Philips in die Endrunde bringt. Im Ernstfall freilich noch zu jung, um ernsthaft mitzuhalten mit den Mitbewerbern. Gut, wenn sich eine Jury in einem solchen Fall nicht einlässt aufs frühzeitige Verheizen viel versprechender Talente. Alexander Pereira hat angekündigt, Jamie Philips zu den Festspielen 2013, zu einem Konzert mit der Camerata einzuladen.

Die Biographie derPreisträgerin: www.salzburgerfestspiele.at
Mirga Gražinyt?-Tyla wird bei den Festspielen das Gustav Mahler Jugendorchester leiten, am 12. August um 11 Uhr in der Felsenreitschule.
Bilder: SF / Tomas Kapocius (1); Doris Wild+Team (1)

 

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