Es beginnt ohne Worte, aber mit Magie
HINTERGRUND / YOUNG DIRECTOR'S PROJECT
27/07/10 Zum neunten Mal findet das Young Director's Project der Festspiele statt. Für Ingrid Rosen-Trinks von Montblanc eine Gelegenheit zu betonen, dass Montblanc "ein sehr kontinuierlicher Kultursponsor" ist. Auch in Krisenzeiten "wird nicht gestrichen", betonte sie in einem Pressegespräch.
Von Reinhard Kriechbaum
Heute, Dienstag (27.7.) geht es also los, wie üblich im Republic. Als erstes ist ein schwedischer Theatermann eingeladen, der ganz ohne Worte auskommt: Der Schwede Jakop Ahlborn ist in den Niederlanden auch zum Zauberkünstler ausgebildet worden - und das sehe man seiner Produktion "Innenschau" an, verrät die YDP-Kuratorin Martine Dennewald. Ahlbom lasse "Menschen in Fernsehapparaten verschwinden. Dass Tische zum Leben erwachen, ist in seinen Inszenierungen keine Seltenheit, und wenn das Zimmer zu wenig Bewegungsraum bietet, gehen die Schauspieler ganz selbstverständlich die Wände hoch, tanzen über die Tresen oder lassen sich von einem Sofapolster verschlucken."
"Innenschau" ist die sechste Produktion von Jakop Ahlborns international besetzter Truppe. Zauberkunst, Slapstick und Akrobatik - Mittel, um "das Innenleben der Figuren auf ebenso unterhaltsame wie abgründige Weise nach außen zu kehren", wie es Martine Dennewald formuliert. In „Innenschau“ verknüpfen sich "überraschend und unentrinnbar wie in einem Thriller die Leben einer Krankenschwester, eines Stalkers und eines entlassenen Bankangestellten". Begleitet von der Livemusik der Band Alamo Race Track sei diese Produktion eine Reise "unter die Oberfläche des Menschen, in einen Bereich der geheimen Wünsche und bizarren Phantasien, die sich während der Aufführung Schicht um Schicht deutlicher offenbaren".
In die Zeit der Französischen Revolution führt "Notre Terreur" (ab 4. August). Eine Geschichte, die laut Martine Dennewald "dort anfängt, wpo Büchners 'Dantons Tod' aufhört". Sylvain Creuzevault und seine im Pariser Théatre de la Colline beheimatete Compagnie "d'ores et dèjà" haben das Stück entwickelt, dessen Protagonisten sehr heutige Typen seien, wie es heißt.
"Tod in Theben" heißt die dritte YDP-Produktion (ab 11. August), eine deutschsprachige Erstaufführung des Stücks von Jon Fosse. Die beiden Ödipus-Tragödien und die Antigone des Sophokles sind da eingekocht, reduziert auf den Nukleus eines Familiendramas. Dafür haben sich die Hamburger Regisseurin Angela Richter und ihre Bühnenbildnerin Katrin Brack eine Lichtinstallation aus zweitausend Glühbirnen einfallen lassen für ein anschauliches Spiel aus dunkler Vorahnung und nüchterner Gewissheit der Katastrophe, für die es also an Licht nicht fehlen dürfte. "Die Szene des Stückes ist ein von allen Seiten einsehbarer Raum, der sich selbst beleuchtet und doch ständig in Veränderung befindlich ist - eine Situation, die den Darstellern keinen Rückzugsraum gibt und sie sukzessive tiefer in die Zwangsläufigkeit der Tragödie und ihrer Auflösung führt", so Martine Dennewald. Dem Schauspielchef der festspiele Thomas Oberender ist der Hinweis wichtig, dass das YDP eben nicht nur ein Forum für junge Regisseure und Ensembles sei, sondern eben auch junge Dramatiker berücksichtigt würden. In diesem Fall eben der Norweger Jon Fosse, der ja zu einem der Liebkinder des Theaters geworden ist.
Gäste aus dem belgischen Lüttich gestalten die vierte Produktion, "Mary Mother of Frankenstein" (ab 19. August). Der junge wallonische Regisseur Claude Schmitz erzählt vom wechselhaften und an Schicksalsschlägen reichen Leben der Mary Shelley, der Autorin des Romans "Frankenstein". 19 Jahre alt war sie, als die dieses Buch schrieb.
Zwei prominente Schauspieler sind heuer in der YDP-Jury, Birgit Minichmayr und Klaus Maria Brandauer. Weitere Mitglieder sind Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, die Journalistin Andrea Schurian und der Galerist Thaddaeus Ropac. "Wir sind vielleicht ein wenig schneller als andere Festivals", sagt Thomas Oberender zur Präsentation junger Theaterleute und ihrer meist grenzgängerischen Projekte. Zwei ehemalige YDP-Preisträger sind heuer zum Berliner Theatertreffen eingeladen, und eine solche Resonanz freut die Festspiele.