asdf
 

Dienstanzug der Landeshauptmänner?

HINTERGRUND / MONATSSCHLÖSSL / TRACHT

17/06/16 Marlene Dietrich als Festspielbesucherin in der Zwischenkriegszeit. Man kam an in der Stadt, und der allererste Weg führte in ein Trachtenmodengeschäft. Sogar der Leibwächter bekam stilvoll-älplerische Klamotten verpasst. Maria Riva, die Tochter der Schauspiel-Diva, erinnert sich in ihrer Biographie über Marlene Dietrich: „Meine Mutter war das schönste Milchmädchen aller Zeiten.“

Von Reinhard Kriechbaum

Wir reden hier aber nicht vom festspieltauglichen Sennerinnen-Outfit, sondern vom „Salzburger Landes-Anzug“. Auch Trachtenmode ist eben Mode, und „Tracht“ ist keineswegs etwas, was über Jahrhunderte immer so ausgesehen hat, wie wir uns das heute vorstellen (und womöglich bei einer „Trachtenhochzeit“ selbst anziehen). Marlene Dietrich kleidete sich trachtig ein und ihre Tochter notierte spitzzüngig: „Die Vorstellung von 'Heidi' konnte beginnen.“ Ungefähr zur selben Zeit, 1935, wurde ein Herrenanzug mit Beschluss der Landesregierung vom 2. Juli 1935 zur „Salzburger Landestracht“ erklärt.

Die neue Sonderausstellung „Der Salzburger Landesanzug – Tradition, Manifest, Symbol“ im Volkskunde Museum widmet sich dem Phänomen der „Trachtenerneuerung“ in Salzburg. Bereits 1910 wurde diese in Salzburg, als einzigem Bundesland Österreichs, betrieben. Ganz salopp gesagt: Die städtische Bevölkerung und die sommerlichen Feriengäste kleideten sich „a la mode“ so, wie sie sich in romantischen Vorstellungen die vermeintlich „echte“ Landbevölkerung ausmalte. Und dort war man auch nicht faul und kleidete sich so, wie die Besucher sich das erwarteten.

Im Monatsschlössl kann man nun beispielsweise sehen, dass im Bereich der bildenden Kunst „Tracht“ als dankbares, meist als pittoresk eingestuftes Motiv galt: Neben dem Monumentalgemälde der „Pongauerin“ von Theodor Ethofer (1849-1915) und einer Auswahl aus der Trachtenbilder-Serie von Tony E. Angerer, die als Auftragswerke zur Trachtenerneuerung in Salzburg entstanden sind, gibt es auch Werke von prominenten Künstlerinnen und Künstler wie Wilhelm Kaufmann oder Georg Jung zu sehen.

Das eigentliche Kernthema wird im zweiten Ausstellungsteil aufgegriffen und konfrontiert mit Belegen gelebter Volkskultur. So sind die Originalporträts der im Landesanzug abgebildeten Landeshauptleute aus dem Chiemseehof – Franz Rehrl (1922-1938), Adolf Schemel (1945), Albert Hochleitner (1945-1947) und Josef Rehrl (1947-1949) – zu sehen. Zudem werden die originalen Landesanzüge prominenter Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien ausgestellt. „Diese sind stets von Modellvariationen begleitet, in denen sich der Hang jedes Einzelnen zu Individualität und Abgrenzung gegenüber uniformeller Gleichheit unmissverständlich bemerkbar macht“, erklärt die Leiterin des Volkskundemuseums, Ernestine Hutter. Die Geschichte des Landesanzuges wird anhand archivalischen Quellen- und Bildmaterials dokumentiert: von seinen Anfängen bis zur Widerrufung, als gesetzliche Verordnung unter Landeshauptmann Hans Lechner 1975, bis hin zum Versuch seiner Wiederbelebung unter Landeshauptmann Franz Schausberger 1997.

Für die Erneuerungsbestrebungen, auch auf dem Gebiet der heimischen Frauentrachten, habe „der Trachtendesigner Carl Mayer aus Henndorf, der mit seinen kreativen Entwürfen bei der Salzburger Festspielprominenz der 1920er Jahre wahre Begeisterungsstürme auslöste, wesentliche Impulse gesetzt“, so Ernestine Hutter. Arbeiten der Trachtenklasse Annahof (gegründet 1946) verdeutlichen die Bemühungen, eine fundierte und zugleich den zeitlichen Erfordernissen entsprechende Erneuerung der Landestracht im 20. Jahrhundert zu erstellen. Diese basieren auf historischen Vorlagen aus den Kostümsammlungen des Salzburg Museum.

Die Geschichte der Tracht ist nicht zu Ende geschrieben, man denke an Namen wie Susanne Bisovsky, die aus Dirndl-Elementen höchst kreative Trachtenmode kreiert. Dass Tracht auch etwas elementar „Bürgerliches“ ist, muss einem natürlich auch klar sein. In der Ausstellung im Monatsschlössl sind unter dem Motto „Gestern, Heute, Morgen“ beispielsweise Schmuckkreationen von Martin Lerch zu sehen, aber auch Arbeiten von neun weiteren Schmuckkünstlerinnen und -künstlern, die für ihre Arbeiten ungewöhnliche Materialien wie Elektronikplatinen, Kunststofffolie, Epoxidharz, Filz, Knochen, Glas, Blattgold, Titan, Aluminium, Eisen, aber auch die von der traditionellen Trachtenschmuckerzeugung bekannten Grundstoffe wie Edelsteine, Schmucksteine, Horn und Silber verwenden.

PS: Den derzeitigen Landeshauptmann sieht man, wenn's der Dresscode vorschreibt, eher in Lederhose und nicht im „Salzburger Landesanzug“.

Die Schau „Der Salzburger Landesanzug – Tradition, Manifest, Symbol. Trachtenerneuerung in Salzburg ab 1910“ ist bis 1. November im Monatsschlössl zu sehen – www.salzburgmuseum.at
Bilder: Salzburg Museum
Zum Kommentar Was steckt im „Landesanzug“?

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014