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Schlaflos in Nazareth

MUSEUMSQUARTIER / DOMMUSEUM / DIE VERKÜNDIGUNG

27/11/14 Traditionellerweise schnürt man im Dommuseum vor Weihnachten ein Themenpaket zur Jahreszeit, und diesen netten Brauch behält man auch jetzt bei, da man integriert ist in DomQuartier. Diesmal geht es um die Verkündigung des Engels an Maria.

Von Reinhard Kriechbaum

Das Fest „Maria Verkündigung“ ist zwar, naturkundlich bedingt, am 25. März (neun Monate vor dem weihnachtlichen Geburtstermin), aber mit der Begebenheit kam die Sache ins Rollen, das Motiv passt ebenso gut zu Advent und Weihnachten.

Die Protagonisten: Maria, handarbeitend oder Psalmen lesend, und der Engel Gabriel, sendungsbewusst, allein oder (im Barock) mit viel geflügeltem Gefolge. Eher im himmlischen Hintergrund hält sich Gottvater, der gute alte Herr mit Bart. Dafür kommt die Taube in manchem Bild Maria schon sehr nahe. „Der Heilige Geist wird über Dich kommen“, heißt es ja in der Bibel.

Im übrigen sollten sich die Schreiber des Neuen Testaments schämen. Die Verkündigung wird sogar im Koran angesprochen (in Sure 90), aber von den vier Evangelisten war Gabriels Besuch bei Maria nur Lukas einen Bericht wert. Und sein Statement ist so kurz, dass bildenden Künstlern und Adventsingen-Machern erheblicher Deutungsraum bleibt.

Das älteste Original in der kleinen Schau kommt aus dem Bamberger Domschatz, die Krumme eines Bischofsstabs um 1200/1250: Leider hat der Engel im Lauf von achthundert Jahren seine Flügel eingebüßt, aber er ist eh zu Boden beschäftigt: Er tritt einer Schlange auf den Kopf. Das „Salzburger Perikopenbuch“ wäre noch älter (um 1020), aber die Buchmalerei „Traum des Josef“ ist nur als Faksimile zu sehen. Das jüngste Bild ist von Hubert Schmalix und kommt aus einer Salzburger Privatsammlung. Gott Vaters Bart sieht aus wie aufgeklebt, Maria kauert splitterfasernackt am unteren Bildrand. Der Engel ist nur ein Schatten. Da könnte man sich im Gender-Sinn ans Interpretieren machen und argumentieren, dass es mit der Selbstbestimmtheit der Maria so weit nicht her ist.

Gelegentlich ist die Verkündigungsszene auf zwei Tafelbilder aufgeteilt (es waren ursprünglich meist Altarflügel). Ein solches Bilder-Paar von Johann Michael Rottmayr hat man aus dem Franziskanerkloster geborgt. Auch aus anderen Klöstern und Kirchen kamen Leihgaben, vom Salzburg Museum ebenfalls. Die Bildsprache hat sich logischerweise gewandelt. Im Hochmittelalter spielt die Verkündigung meist in höfischem Ambiente. Erst in der Renaissance übertrug man das Geschehen ins private Milieu, um es menschlicher, fassbarer zu machen. Nicht immer reagiert Maria mit Demut. Gerade in Renaissance und Barock kann sie schon auch die Hände ringen und ziemlich aufgeregt dreinschauen. Vom Heiligen Geist geschwängert zu werden, ist gottlob nicht der Regelfall.

Manchmal ist den Theologen die Fantasie der Maler ein wenig zu weit gegangen. Dass Gottvater gleich ein so gut wie fertiges Kleinkind vom Himmel herunter in Richtung Maria bläst, hat auch unter Bischöfen – eigentlich nicht so kompetent in Zeugungsfragen – einen gewissen Widerspruch geweckt und sich ikonographisch nicht durchgesetzt. Das gemachte Bett zur symbolischen Vermählung steht oft im Hintergrund schon bereit, das war den geistlichen Herren durchaus vertraut. Sollte sich die Szene wirklich um Mitternacht zugetragen haben, wie Theologen annehmen? Dann wäre es immerhin bemerkenswert, dass Maria beim unerwarteten Eintritt des Engels stets ordentlich bekleidet und nie schon im Negligée ist. Schlaflos in Nazareth…

„Wie soll das Geschehen? Die Verkündigung“ – Weihnachtsausstellung des Dommuseums Salzburg, bis 6. Jänner 2015. Besuch im Rundgang des DomQuartiers – www.kirchen.net/dommuseum; www.domquartier.at
Bilder: dpk-krie

 

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