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Smart-Phone statt Lexikon

KOMM HÖR KUNST

06/04/12 Den Mann auf der goldenen Kugel mag man. Da kann man sich drunter stellen und fotografieren lassen, etwa als Atlas, der die Welt auf seinen Schultern trägt. So macht Kunst Spaß. Jetzt aber das Smart-Phone bloß nicht gleich wegstecken, sondern vom Aug ans Ohr bringen – und sofort Informationen über das Kunstwerk anhören.

Von Heidemarie Klabacher

alt„Wenn ein Buchstabe nicht leuchtet, dann haben wir es gerade noch nicht geschafft, die Leuchtstoffröhre zu wechseln.“ Die Schauspielhaus-Leute betreuen „ihr“ Kunstwerk selber, klettern auf’s Dach und wechseln eigenhändig die Röhre - was ziemlich oft nötig sei, erzählt Robert Pienz über das Leben mit dem Kunstwerk von Maurizio Nannucci am Schauspielhaus.

Das erfährt man via Handy, wenn man vor dem Schauspielhaus stehend den „QR-Code“ mit dem Smart-Phone einliest, oder am Computer via Landes-Website www.kommhoer.at. Land Salzburg und ORF haben dieses Projekt gemeinsam realisiert. Die Interviews führte Eva Halus - vor allem mit „Betroffenen“, die mit ihren Kunstwerken eng zusammenleben. Das macht zugleich den Reiz dieses akustischen Kunstführers aus: Man erfährt man viel, was nicht in offiziellen Werkbeschreibungen steht.

Das Handy wird also zum Audio-Guide für die zeitgenössische Kunst in der Stadt. Die Kulturabteilung des Landes Salzburg hat für vorerst 15 ausgewählte Kunstwerke im öffentlichen Raum solche „QR-Codes“ generiert. Sie wissen nicht so ganz genau was das ist? Tafeln in Marmor, Messing oder Blech mit Werktitel und Künstlernamen neben einem Kunstwerk sind out. Das Neueste sind Schildchen mit besagtem „QR-Code“ drauf. Alles, was der Kunstfreund von heute braucht, ist ein Barcode-Reader auf dem Smart-Phone, dann bekommt er an Ort und Stelle fundierte Information über das jeweilige Kunstwerk. Kostenlose Apps  zum Herzunterladen gibt es im Internet.

Über die goldene Kugel auf dem Kapitelplatz (die offiziell „Sphaera“ heißt) und den Mann im weißen Hemd darauf, der eigentlich nur ein Teil der Skulptur des Künstlers Stephan Balkenhol ist, erzählt etwa Hildegund Amanshauser im Gespräch mit der ORF-Redakteurin Eva Halus. Vom Iglu als der Urform einer Behausung, vom rituellen Andachtsraum, vom Zusammenwirken von Kunst und Natur, von mythischer Archaik und mathematischer Rationalität spricht Markus Hinterhäuser im Zusammenhang mit dem Kunstwerk „Ziffern im Wald“ von Mario Merz im Gebüsch neben dem Museum der Moderne. 

Eva Halus hat für eine Sendungsreihe im Radio voriges Jahr Gespräche mit bekannten Salzburgerinnen und Salzburgern über jeweils ein Kunstwerk  im öffentlichen Raum geführt. Diese je vierminütigen Gespräche sind nun via Smart-Phone direkt vor den Kunstwerken oder auf der dazugehörigen Website nachzuhören.

Dass mit Hildegund Amanshauser, der Leiterin der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst, eine ausgewiesene Kunstexpertin spricht, sei eher Zufall, sagte Eva Halus bei der Präsentation des Projekts. Sie habe Leute angesprochen, von denen sie wusste: „Die können das.“ Sie habe auch niemandem ein Kunstwerk „aufgezwungen“, vielmehr sollten die Gesprächpartner „eine Beziehung zu ‚ihrem’ Werk haben". Hildegund Amanshauser hätte sich eben besonders für die „Frau im Fels“, den leicht übersehenen Teil der Balkenhol-Arbeit, interessiert.

Johannes Honsig-Erlenburg, der Präsident der Stiftung Mozarteum, spricht – wie Intendant Pienz - über einen Schriftzug aus Leuchtbuchstaben am eigenen Haus: Den hat die Künstlerin Sylvie Fleury geschaffen. Das ist eines der Kunstwerke, die sich so selbstverständlich und elegant in ihre Umgebung einfügen, dass sie kaum mehr als „Fremdkörper“ oder gar „Kunst am Bau“ wahrgenommen werden. Das Mozart-Zitat in lila Neon-Schrift ist mit dem „alten“ Mozarteum längst eins geworden. Obwohl in Mozarts Geburts- und Wohnhaus modernste Technik längst Einzug gehalten habe, sei dies ein Bereich, „wo man sich in die digitale Welt hineinfühlen muss“: „Das ist gut und wichtig - besonders für uns als eine Institution, die noch immer gerne als ein wenig old fashioned und traditionsgebunden gesehen wird“, so Johannes Honsig-Erlenburg zur Aktion „Komm hör Kunst“. Noch ein Licht-Kunstwerk ist Eva Schlegels Fassade vor dem Eingang zum Mönchsberglift, eine "Begrüßung", die MdM-Direktor Toni Stoss bereits "sehr lieb gewonnen" hat.

Wer kommt noch in Sachen Kunst zu Wort? Hans Widrich erzählt von seiner Beziehung zu Pino Castagnas Skulptur „Specchio della coscienza“, die ziemlich versteckt in einem Hinterhof der Universtität Mozarteum aufgestellt ist. Landestheater-Intendant Carl Philip von Maldeghem spricht über Thomas Baumanns „Stimono“, das Leuchtkunstwerk vor dem Theater. Klemens Renoldner, Direktor des Stefan Zweig Centre, über die Bronzetüren am Haus für Mozart von Josef Zenzmaier. Der Verleger und Autor Jochen Jung über „Mozart – eine Hommage“ von Markus Lüpertz. Die Dirigentin und Kulturvereinigungsleiterin Elisabeth Fuchs stellt die „Stolpersteine“ von Gunter Demnig vor, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler „Orpheus und Eurydike“ von Hubert Schmalix. Diese Arbeit im Schüttkasten ist die einzige im Projekt „Komm hör Kunst“, die nicht jederzeit öffentlich zugänglich ist. Die Kunstwerke gehören verschiedensten Institutionen von den Festspielen, über die Salzburg Foundation bis zur Bundesimmobilien Gesellschaft.

So modern das Outdoor-Projekt technisch sein mag, der Web-Auftritt kommt  landesbeamtlich-bieder, ganz im Stil der Landes-Website daher. Damit schreckt man die jungen Leute, die vor allem mit der zeitgemäßen Technik angesprochen werden sollen, auch gleich wieder erfolgreich ab, schade. Inhaltlich bleiben keine Wünsche offen: Neben den Audio-Files gibt es zu jedem Kunstwerk einen Text, biographische Angaben der Künstler sowie weitere Bilder des besprochenen Werkes. Die Adressen wurden mit Google-maps verlinkt.

www.kommhoer.at
Bilder: www.salzburg.gv.at/kultur-komm-hoer
Zur Glosse Kunst für Menschen, Hunde und Autos
Zum Stich-Wort Der Affe als Mensch

 

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