Viele barocke Zacken in Salzburgs Krone
SALZBURG MUSEUM / FISCHER VON ERLACH (1)
05/04/23 Wir wissen, was sich gehört, heute, am 300. Todestag des Barockbaumeisters Fischer von Erlach: Deshalb haben wir gleich nach der Presseführung durch die Ausstellung im Salzburg Museum einige „Points of view“ angesteuert, wo wir sonst ob des hohen Touristenaufkommens einen Rad-Stop eher meiden.
Von Reinhard Kriechbaum
Zuerst beim Brückenkopf des Marko-Feingold-Stegs: Da gehört Fischer von Erlach so zwingend ins Blickfeld wie der Fisch-Krieg. Also das unansehnliche Baum-Haus des Fischhändlers am Hanuschplatz so wie die stattlich über die mittelalterlichen Häuser sich reckende, elegant geschwungene Fassade der Kollegienkirche mit den beiden verspielt konkaven Türmchen.
Ein weiteres Mal Fischer von Erlach, nur ein paar Schritte weiter: Die Fassade der Dreifaltigkeitskirche, eingebunden in den Priesterhaus-Komplex bietet sich gerade jetzt ob der Magnolienblüte auf dem Makartplatz als Ansichtskartenmotiv schlechthin an. Und nochmal ein Postkartenmotiv, knapp hundert Meter die Salzach hinunter: die Markus-Kirche mit den originell nach hinten gerückten Türmen – so als hätte Fischer von Erlach einen starken Blickfang schaffen wollen vor den imposanten Mönchsberg-Felsen.
Vor dreihundert Jahren also ist Bernhard Fischer von Erlach gestorben. In einem Zeitraum von fünfzehn Jahren, zwischenn 1694 und 1709, sind Fischers Salzburger Bauten entstanden, die die Altstadt-Silhouette so entscheidend mitprägen. „Nach Fischer von Erlach passiert in Salzburg nichts mehr“, sagt Peter Husty, Chefkurator des Salzburg Museums. Das klingt leicht überspitzt, aber tatsächlich ist mit Fischers drei Kirchen (die vierte auf Stadtgebiet, St. Johannes auf dem Spitalsgelände, ist nicht so prägend) das Stadtbild abgeschlossen. „Fischer setzte mit seinen Bauten der Stadt eine barocke Krone auf, danach herrscht im erzstift eine architektonische 'Flaute'“, so Husty.
Die wirklich grandiosen Bauwerke Fischers stehen natürlich in Wien, Karlskirche und Staatsbibliothek, Schloss Schönbrunn und die Hofstallungen (das jetzige Museumsquartier), oder Palaisbauten wie das Trautson, wo jetzt der Justizminister ordiniert. Aber in Salzburg sind wegen der Kleinheit der Stadt Fischers Architekturakzente vielleicht noch markanter. Guter Grund jedenfalls, mit dem Wien Museum zu kooperieren. Der Salzburger Teil der Schau ist keineswegs aufs Lokale beschränkt. Man verweist auf die prägenden Eindrücke, die der 1656 in Graz geborene Architekt in Rom erhalten und dann eben unmittelbar auch in Salzburg umgesetzt hat. Die Formulierung, dass Salzburg eben ein „Deutsches Rom“ geworden sei, mag abgeschmackt klingen – was die Barockarchitektur angeht, ist sie zutreffend. Fischer von Erlach ist nicht unbeteiligt.
Der famose Barockbaumeister hat zwei Herren zugleich gedient, in Wien dem jeweiligen Habsburger-Kaiser (Joseph I. und Karl VI.) und in Salzburg dem Fürsterzbischof Johann Ernst von Thun. Dementsprechend bilden in Salzburg Kirchenbauten den Schwerpunkt seiner Arbeit, in Wien dominierten weltliche Aufträge. Ist hierzulande also Schloß Kleßheim eher eine Ausnahme, ist's in Wien die Karlskirche. Auf den Wiener Ausstellungsteil muss man noch warten, noch ist ja das Wien Museum noch nicht wiedereröffnet. Die dortige Fischer-Schau kommt im Jänner 2024.
Was in Salzburg auch gut herauskommt, ist die schöpferische Kraft Fischers von Erlach als Zeichner. Imposant schon, wenn man nur entlang geht den Zeichnungen und Stichen für den Entwurff Einer Historischen Architektur, der ersten Universalgeschichte der Baukunst. Mit diesem Graphikwerk in Buchform hat Fischer seinen Weltruhm begründet. (Wird fortgesetzt)