asdf
 

Eingegraben, bewässert und lichtgeflutet

SALZBURG MUSEUM / BELVEDERE

30/06/22 Die Projektbeschreibung klingt beinah so, als ob die beiden Architektenteams sich nicht hätten entscheiden wollen, ob sie für einen Museumsbau-Wettbewerb oder einen für Poesie einreichten. Hut ab jedenfalls angesichts der literarischen Qualitäten der Projektbeschreibung für die Salzburg-Dependance des Belvedere im zweiten Hof der Neuen Residenz!

Von Reinhard Kriechbaum

„Der kreisrunde Rand (Dachrand) des Hofraumes wird von vier felsartigen Wandschalen getragen. Der so aufgespannte quadratische Hofraum dient als Raumgefäß für Skulpturen & Menschen.“ Das muss einem erst einfallen. Es wird – nicht weiter verwunderlich in der Salzburger Innenstadt – in historischem Umfeld und eng verzahnt mit diesem gebaut. Das liest sich so: „Das Historische gewinnt erneut die Offenheit gegenüber der Geschichte, es kommt zu einer weiteren Eintragung in das Dokument des Bauwerkes.“

Nun ist also der Architektenwettbewerb um die Erweiterung des Salzburg Museums um die Salzburg-Zweigstelle des Belvedere entschieden. Ein Wiener Architrekturbüro und eines aus Salzburg – Schenker Salvi Weber Architekten ZT GmbH und Eidos Architektur ZT GmbH – haben gemeinsam eingereicht und gewonnen. Die Konkurrenz war wohl stark, der Standort verspricht ja nicht wenig Prestige. Es gab fünfzig Bewerbungen, sechzehn kamen in die engere Wahl.

Es ging darum, etwas zu machen aus jenem zweiten Hof, in den jetzt als Parkplatz dient und in den, architektonisch wenig anregend, die ebenerdige ehemalige Schalterhalle der Post ragt. Das derzeit in dem Polygon untergebrachte Sattler-Panorama soll in die Orangereie beim Mirabellgarten übersiedeln. Das Gebäude wird weggerissen.

Es brauchte eigentlich gar nicht die durchgeknallt-poesievolle Bescheibung, die Pläne des Siegerprojekts schauen attraktiv aus. Das Residenz-Neugebäude hat ja drei „originale“ Portale. Durch jenes vom Mozartplatz kommt man in den ersten Hof (den derzeitigen Museumseingang). Die Tore an der Kaigasse (immer gut verschlossen) und auf der Residenzplatz-Seite (Sattler-Panorama) führen direkt in besagten zweiten Hof. Dort soll nicht nach oben gebaut, sondern versenkt werden. Unter dem Hof entsteht ein Kranz von Ausstellungsräumen. Trotzdem soll ausreichend Tageslicht hineinkommen, wofür dich die Architekten ein Ding mit der Bezeichnung Lichtbrunnen haben einfallen lassen. Eine verkehrt-drehkegelartige Versenkung in Hofmitte, wassergekühlt und eben Natur-belichtet.

Der Hof selbst selbst soll mit Laubbäumen Bäumen besetzt werden und so zum Aufenthalt anregen. Ohne Konsumzwang und leicht schattig. Von einem Giardino Segreto spricht Clemens Standl (Geschäftsführer der Eidos Architekten). Genau das war ja dieser Hof einst, Privatgarten der Erzbischöfe. Von einem „kontemplativen Ort des Verweilens entlang des öffentlichen Gehweges in der Altstadt“ ist in der Projektbeschreibung die Rede. „Pflanzschalen in unterschiedlichen Dimensionen, die einer floralen Formensprache nachempfunden sind, gruppieren sich in vier Bereiche um den Brunnen und lassen die Vierteilung historischer Gärten erahnen. Eine zeitlose, metallische Möblierung ergänzt die informellen Sitzmöglichkeiten um den Brunnen und ist flexibel und vielseitig nutzbar.“

Zwischen den beiden Höfen wird als Verbindungs- und Durchblickbereich die ehemalige Sala terrena geöffnet. In etwa dort, wo auch jetzt die Museumskassa ist, wird man sich als Besucher entscheiden können, ob man sich wie bisher für den Weg „upstairs“, also fürs Salzburg Museum entscheidet, oder ob man die Stiegen hinunter steigt in die vom Wiener Belvedere bespielten Räume unter dem Hof. Diese werden laut Projektbeschreibung „ein windmühlenartiges reziprokes Raumsystem“ bilden, was immer man sich darunter vorstellen mag. Den Plänen nach sind es rund um den Lichtbrunnen gruppierte Räume.

„Tiefenschürfung und Höhenflug in höchste künstlerische und geistige Gefilde“, diese Formulierung ist dem Juryvorsitzenden Roland Gnaiger eingefallen. Was in den unter Tag gelegenen Belvedere-Gefilden an Hochfliegendem gezeigt wird, davon ist vorerst noch nicht die Rede. Das „kuratorische Konzept“ seitens des Belvedere wird ja erst in einem nächsten Schritt festgelegt. Da müssen wir uns bis 2024 gedulden.

Bilder: Salzburg Museum / Andrew Phelps (1); Schenker-Salvi-Weber-und-Eidos (3)
Zum Kommentar Aufgeregtes Leuchtturm-Geblinke

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014