Künstlerische und familiäre Bande
SALZBURG MUSEUM / FAISTAUER, SCHIELE, HARTA UND CO
11/07/09 Anton Faistauer? Ja, der war wirklich echter Salzburger, auch wenn er in Wien gestorben ist. Geboren in St. Martin bei Lofer, einen Gutteil des Lebens in Maishofen beheimatet. Felix Harta? Der war gebürtiger Ungar, kam gegen Ende des Ersten Weltkriegs nach Salzburg und verbrachte später hier seinen Lebensabend.
Von Reinhard Kriechbaum
Aber wie kommt Schiele in diese Runde jener Maler, denen das Salzburg Museum – in Kooperation mit dem Belvedere – seine diesjährige Sommeausstellung Faistauer, Schiele, Harta und Co widmet? Schiele und Salzburg bringt ja eine geographische Fehlanzeige. Aber wenn man die künstlerischen und privaten Verbindungen zwischen den drei Malern und ihnen nahe stehenden Künstlern anderer Sparten betrachtet, darf Schiele tatsächlich nicht fehlen. Und, Glück für die Ausstellungsgestalter: Schiele-Bilder aus dem Belvedere machen eine Schau allemal anziehender.
Das Privatleben der Künstler war eng mit ihrem beruflichen Umfeld verwoben. Faistauer, Schiele, Harta und ihre Freunde bewegten sich in Gesellschaft von Literaten, Musikern und darstellenden Künstlern. Dort traf man weibliche Modelle, Musen und lernte die Schwestern von Freunden kennen, die manchmal zu Ehefrauen wurden: Anton Faistauer heiratete Ida, die Schwester seines Maler-Freundes Robin Andersen. Schiele wurde zum Schwager von Anton Peschka, weil dieser seine Schwester Gertrude zur Frau nahm. Familiäre, zumindest temporäre Verknüpfungen bestanden weiters zwischen Anton Kolig, Franz Wiegele, Oskar Kokoschka und Erwin Lang. Letzterer ehelichte übrigens die Tänzerin Grete Wiesenthal.
Man war aber nicht nur in Liebesgeschichten und Heiratssachen aktiv, auch Künstlergemeinschaften wurden geschlossen (sie waren in etwa so dauerhaft wie die Ehen). Faistauer war natürlich mit dabei, als Egon Schiele 1918 die Neue Secession Wien gründete (Albert Paris Gütersloh war auch mit von der Partie). Faistauer und Schiele hatten sich als Teenies in Wien kennen gelernt. Beide stießen sich am Konservatismus der Wiener Akademie. Damals, 1918, war Faistauer schon ein paar Jahre weg aus Wien (wo er sich nur noch gelegentlich aufhielt) und zurückgezogen zu seiner Familie nach Maishofen.
Felix Albrecht Harta übersiedelte 1917 aus Wien nach Salzburg, wo andere Zugezogene wie Hermann Bahr, Stefan Zweig oder Max Reinhardt für ein wenig Glamour in der Provinz sorgten, wo allmählich die Festspiel-Idee keimte. Ähnlich wie Egon Schiele in der Neukunstgruppe in Wien – dieser war 1918 der Spanischen Grippe erlegen – war nun Harta Motor einer neuen Künstlergruppe in Salzburg: Er gründete 1919 im Hotel Bristol die Neue Vereinigung bildender Künstler in Salzburg, genannt Der Wassermann. Dieser Künstlervereinigung gilt ein eigener Abschnitt der Ausstellung im Salzburg Museum.
Als Harta 1924 wieder zurück nach Wien ging, kam dem Wassermann die treibende Kraft abhanden, und so löste sich die Gruppe langsam wieder auf. 1925 gründet Faistauer mit ehemaligen Wassermann-Mitgliedern, älteren Kollegen und neuen, jungen Salzburger Künstlern den Sonderbund Salzburg.
Faistauer ging 1927 wieder nach Wien zurück (wo er 1930 starb). Felix Albrecht Harta seinerseits kehrte nach dem Exil in England in der NS-Zeit 1950 nach Salzburg zurück, wo er noch 17 Jahre bis zu seinem Tod verbrachte.
Das also sind biographische und kunst-soziologische Hintergründe für die Schau, die sich aus eigenen Beständen des Salzburg Museums und des Belvedere speist. Die rege Reisetätigkeit der Künstlerfreunde ist ebenso ein Thema wie die Porträtmalerei, in der sich auch die freundschaftlichen und familiären Bande spiegeln. So unterschiedlich die Ergebnisse stilistisch ausfielen, verband Faistauer, Schiele und Harta vor allem in ihren Anfängen als Maler ein inniger Bezug zur Stilleben-Malerei.
Im Wassermann-Abschnitt der Schau wird deutlich, wie sich in dieser Künstlergruppe ganz unterschiedliche Leute für einen Aufbruch in die Moderne stark machten: der Kulturpublizist Hermann Bahr, der Salzburger Hotelier und Schriftsteller Alois Grasmayr, Hugo von Hofmannsthal, Oscar A. H. Schmitz, Alfred Kubin, Stefan Zweig – sie alle waren getrieben von dem Wunsch, hier in der Stadt neuen Boden für die Kunst ihrer Zeit zu schaffen. Ein europäisches Forum für zeitgenössische Kunst hätte es werden sollen, Musik und Literatur miteingeschlossen. Faistauer und Harta wollten übrigens die Bevölkerung für alte und moderne Kunst begeistern und durch eine eigene Galerie (die heutige Residenzgalerie) stetig deren Kunstsinn schulen. 1923 öffnete die Residenzgalerie ihre Pforten.