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Ironische und politische Seitenblicke

MdM RUPERTINUM / WILHELM THÖNY

29/01/10 Über dreihundert Arbeiten von Wilhelm Thöny besitzt das Museum der Moderne, "die größte Thöny-Sammlung weltweit", vermutet Felix Prinz, Kurator einer kleinen Schau im MdM Rupertinum.

Von Reinhard Kriechbaum

Im Jahr 1948, ein Jahr vor Wilhelm Thönys Tod, verbrannten in einem New Yorker Lager über tausend seiner Werke. Das dürfte mit ein Grund sein, dass Thöny in der Betrachtung der österreichischen Kunstgeschichte nicht jenen Platz einnimmt, den er vielleicht verdiente.

Kann die Ausstellung im MdM Rupertinum jetzt zu einer Neubewertung beitragen? Zumindest macht sie neugierig. Im Mittelpunkt stehen Arbeiten auf Papier (aber auch das wurde in der etwas beliebig wirkenden Auswahl nicht konsequent eingehalten). Am ehesten Kontur gewinnt die Schau aus den "Scrap Book"-Blättern. Dem Skizzenbuch hat Wilhelm Thöni (1888-1949) in den dreißiger Jahren gelegentlich hellsichtige Betrachtungen über die politische Lage seiner Zeit anvertraut. Ätzend und entlarvend, wenn er einen Empfang beim französischen Kardinal Verdier und Hitler bei einem Ausstellungsbesuch in München auf demselben Blatt festhält. Die "Sommermode 1938" zeigt elegante Figurinen mit Gasmasken, während feindliche Flugzeuge auf dem Himmel über Paris auftauchen.

In den Skrap-Book-Stenogrammen finden sich offenbar hochpolitische Anspielungen in größerer Zahl. "Die IX. Symphonie und das Gleichzeitige" zeigt uns im Cartoon-Stil eine Weltschau, in der Hitler vor der Notenzeile mit Beethovens "Seid umschlungen, Millionen" steht - daneben Seitenblicke auf das Franco-Spanien, auf Mussolini und die Großmächte auf der Gegenseite vor. Auf einem Blatt sind sogar Mussolini und Thöny im Selbstbildnis zu sehen: Der Duce hatte bei einer Ausstellung in Venedig ein Bild von Thöny erworben.

Thönys politische Perspektive sähe man gerne vertieft - aber das leistet eine solche Schau, die wie nebenher entstanden wirkt, eben nicht. Wie ist der "Jeanne d'Arc"-Zyklus vom Ende der dreißiger Jahre zu interpretieren?

Die unveröffentlichte Illustrationsserie "Buch der Träume" zeigt noch symbolistisch/surrealen Einschlag. Zahlreich sind die Stadtansichten, von Paris und New York vor allem.

Auch ein Zeit-Spiegel, mit ironischem Touch, ließe sich wohl gut destillieren aus dem zeichnerischen Werk von Thöny. Auf einem Blatt entblößt Marlene Dietrich kess ein Bein, und auf dem Schenkel steht "The Million Legs" (1938). Ist die daneben hängende "Dame im roten Kleid" auch die Dietrich? Im Pariser Café Flora ist Pablo Picasso verkehrt. Thöny hat ihn porträtiert, aber nicht seine Bekanntschaft gesucht.

Bis 9. Mai im MdM Rupertinum. - www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM

 

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