Die Welt von gestern
MUSEUM DER MODERNE / ÖSTERREICH. FOTOGRAFIE 1970-2000
09/03/18 Welches Bild vermitteln die Fotografien, die Künstler in der Zeit von 1970 bis 2000 geschaffen haben? Diese Frage beantwortet eine von der Wiener Albertina übernommene Ausstellung, die bis 1. Juli im Salzburger Museum der Moderne zu sehen ist.
Von Werner Thuswaldner
Die Schau auf der dritten Etage des Museums ist wieder einmal sehr ergiebig. Das stellt der Betrachter mit Genugtuung fest, zugleich besorgt, dass sein Zeitkontingent für die Kunst wieder einmal gesprengt wird.
Mit der Ausstellung unterstreicht das Haus seine Bedeutung als Standort für die österreichische Fotografie. Man hat eigene Bestände und beherbergt die Sammlung des Bundes. Insgesamt ist das ein Fundus von rund 22.000 Fotografien. Dies strich die Direktorin am Freitag bei der Presseführung heraus, ohne extra darauf hinzuweisen, dass immer wieder davon die Rede ist, der Bund könnte seine Sammlung von Salzburg abziehen. Sabine Breitwieser wies auch auf andere, weit zurückreichende Salzburger Initiativen in Sachen Fotografie hin. Dazu gehören die von Ina Stegen im Meierhof des Schlosses Leopoldskron entfalteten Aktivitäten und die Gründung des Fotohofs mit seinen Ausstellungen, Büchern und Seminaren.
Um 1970 setzte sich eine neue Sicht auf die „Heimat“ Österreich durch. Nachdem der Begriff lang national besetzt war und später mit vor allem kitschigen Resultaten in den verschiedenen Genres in Verbindung gebracht worden war, wurde nun ein schonungsloses antidyllisches, ungeschöntes Bild gezeigt.
Nicht nur in der Fotografie, sondern etwa auch in der Literatur, auf dem Theater und im Film. Die Schau transportiert viel Zeitgeschichtliches. Wie wird sie von jüngeren Menschen erlebt, die die gezeigten Bilder nicht mit ihrem eigenen Leben in Verbindung bringen können? Der Zeitgeschichte, vor allem dem entsetzlichen Wirken der Nazis, wird anhand der Fotografien – welche Spuren hat ihre Menschenvernichtung hinterlassen? – von Heimrad Bäker ein wichtiger Platz eingeräumt.
Heinz Cibulka ist mit etlichen seiner Vierer-Tabeleaus präsent. Aus dem Alltag Vertrautes erscheint verfremdet. Manfred Willmann kann sich mit seinen großformatigen Arbeiten vom Landleben gehörig ausbreiten. Sie erscheinen durchwegs in halbdunklem Licht und erwecken den Eindruck als wirke unter der Oberfläche noch mindestens eine weitere Bedeutungsebene.
Eine Reihe von Künstlern sind an der Lebensform der Kleinbürger interessiert (Nikolas Walter). Schlafzimmer in Vorarlberg, Großmannssucht, die sich in tollen Sportwagen vor dürftiger Kulisse ausdrückt, gedeckte Mittagstische, die viel über die bescheidenen Ansprüche der Menschen verrät (Robert F. Hammerstiel).
Sehr bereichernd ist der Blick von außen, wie er durch den Japaner Seiichi Furuya belegt wird. Er hat in der Zeit vor der Wende Eindrücke am Eisernen Vorhang, also an der Grenze zum damaligen „Ostblock“ festgehalten. Etwas Beklemmendes liegt über der Landschaft der Pannonischen Tiefebene. Das ist natürlich Geschichte. Die Beklemmung ist verraucht, sie hat der reinen Harmlosigkeit Platz gemacht.