In der Zelle nicht weggesperrt, sondern ausgesetzt
KUNST AM BAU / TEMPORÄRE DINGE
23/06/14 „Zelle“ heißt eine Installation von Bernhard Gwiggner. Das ist gut passend im Kaiviertel, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gerichtsgebäude, in dem ja auch die Haftanstalt untergebracht ist. Eine „abstrahierende Rekonstruktion einer historischen Gefängniszelle in Originalgröße, aus Dämmmaterial“, erklärt der Künstler.
Das Werk thematisiere „gesellschaftliche Ein- und Ausschlussmechanismen“, so Gwiggner. Mit dem Transfer einer Zelle aus dem abgesicherten in den öffentlichen Raum macht er gesellschaftlich Ausgeschlossenes sichtbar und schaffe Kommunikationsangebote zu randständigen Themen wie Gesetzesbruch, Freiheitsentzug und dessen konkrete Umsetzung „hinter Gittern“.
Gwiggners „Zelle“ lebt von der öffentlichen Auseinandersetzung. So haben etwa jugendliche Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Laufen sehr persönliche Texte geschrieben, worauf SchülerInnen des Christian-Doppler-Gymnasiums in Salzburg mit eigenen Texten antworten: Diese werden von den SchülerInnen selbst präsentiert und zugleich direkt in die Außenwand der Zelle eingeschrieben. „Diese und andere Textfragmente bilden einen literarischen Referenzraum, der dann von Passantinnen und Passanten mit Kommentaren und Anmerkungen erweitert werden kann“, erklärt der 1963 geborene Künstler. „Es geht um die Fragen, wer ist sichtbar, wer wird gehört und wem wird diese Möglichkeit zur Selbstbestimmung durch Sprache und durch die Nutzung des öffentlichen Raumes verwehrt.“
"Auftritt_Appearance" nennt Sigrid Kurz (geboren 1958 in Salzburg) ihre Intervention. Sie hat die die Asphaltwege im Schanzlgarten mit einem Netz von gelben Linien überzogen. Die so entstehenden geometrischen Flächen sind mit Begriffen aus dem Theater und der der Bühnentechnik bezeichnet.
Der dritte Preisträger für das sommerliche Kunstprojekt im Kaiviertel ist der in Hallein lebende Hans Pollhammer, geboren 1967 in Wels. "Ka Zeit" steht auf dem Kajetanerplatz genau zwischen dem Portal der Kirche und jenem ins Justizgebäude: eine defekte Bahnhofsuhr, deren Zeiger am Ziffernblatt nach unten gerutscht sind und still liegen. „Die nicht funktionierende Uhr steht als Metapher für Zeitlosigkeit und keine Zeit haben“, erklärt Pollhammer. „'Ka Zeit' bricht die vorgegebene zeitliche Zuordnung eines leistungsorientierten Funktionieren-Müssens, das Arbeits- und Lebensweisen prägt und zur ständigen Selbstoptimierung verpflichtet.“ Sein Kunstwerk rege zum Nachdenken an über die zunehmend fehlende Zeit für Genuss und „das prinzipielle Nicht-mehr-genießen-Können“. (LK/dpk-krie)