Ganz einfache Dinge
KUNSTVEREIN / ANNE SCHNEIDER, KAY WALKOWIAK
05/02/14 Wie geht es aus, wenn man Yogis in Indien Dinge in die Hand drückt, die im Westen unter Kunst laufen? In dem Fall sind es Holzplatten, die ein bisserl wie Mondrian als Laubsägearbeit ausschauen. Die meditierenden Herren mit ihren langen Weisheitsbärten denken sich ihr Teil…
Von Reinhard Kriechbaum
Was ihnen zu den Objekten spontan einfällt, erfährt man aus einem Acht-Minuten-Film im Studio des Künstlerhauses. Kay Walkowiak, ein 1980 in Salzburg geborener Künstler, hat das Video „Making Sense Out of Abstraction“ gedreht. Die Yogis drehen und wenden die Dinge mit Bedacht in ihren Händen und sagen, was ihnen spontan dazu einfällt. Exotisch mit englischen Untertiteln.
Auch die Objekte von Anne Schneider verfolgen den Zweck, dass man sich etwas dazu denkt. Zum Material, zur Form, und wie das zusammengeht.
Zum Beispiel spießt Anne Schneider mit Beton ausgegossene Stoffsackerln auf Stahlstangen. Diesen so schlicht wie streng wirkenden und trotzdem poetischen Steh-Objekten gibt sie dann Namen wie „Blockade“, „Schlepper“ oder „Spots“. Für „Nähe“ hat sie Beton in so etwas wie Wursthäute gegossen und nach dem Aushärten wieder ausgeschält. Die beiden „Würste“ sind mit einem Bändchen ganz eng aneinander gebunden – „Nähe“ ist also ein anschaulicher Werktitel. Aus größeren Beton-Beuteln, angeblich siebzig Stück, hat sie ein halbrundes Mäuerlein gebildet und diesem den plausiblen Namen „Apsis“ gegeben.
Jeder von uns hat schon einmal ein Bonbon-Stanniolpapier glattgestrichen. Anne Schneider macht das mit großformatiger Folie, es kommt auch noch Farbe drauf, und wie es da an der Wand hängt, macht es Effekt. Weil die Grundmaterialien samt und sonders wertlos sind, fällt bei dieser Art von Konzeptkunst fast zwangsläufig das Schlagwort „Arte povera“. Ob Anne Schneider mit all diesen Dingen nicht knapp ein halbes Jahrhundert der Kunstgeschichte nachhinkt? Aber freilich: Kunst braucht, so sie nur gut ist, wirklich nicht immer brandneu zu sein.
Es ist die erste Schau, die der neue Kunstvereinsleiter Séamus Kealy präsentiert. Im vergangenen halben Jahrzehnt ist uns im Künstlerhaus Konzeptkunst in üppiger Dosis verabreicht, sind unterschiedliche Ansätze aufs Ausgiebigste durchdekliniert worden. Ein wenig hat man in dieser Schau jetzt den Eindruck, dass man wieder einmal ganz von vorne anfängt. Das wäre vielleicht gar nicht nötig. Bitte ein Neustart auf der Stufe „Senior beginners“!