Weit gereist, viel erfahren
GALERIE IM TRAKLHAUS / MITGEBRACHT – VON ITALIEN BIS CHINA
14/06/12 Zu erzählen und vorzuzeigen haben sie alle was, jene jährlich knapp zwanzig Künstlerinnen und Künstler, die vom Land Salzburg in Auslandsateliers in aller Welt geschickt werden. Da ist man – so Annelies Senfter, die auf diese Weise für ein paar Wochen nach Sardinien kam – „reduziert“ und könne sich aufs Wesentliche konzentrieren.
Von Reinhard Kriechbaum
Also „nur ein Koffer und die Kamera“, so Senfter. Was hat sie auf Sardinien vors Objektiv bekommen? Touristen hat sie beobachtet und in typischen Momenten fotografiert. Nicht ungefragt und meuchlings, sondern, nachdem sie um Erlaubnis gefragt hat. Das ergab lustige Dialoge, die man nun unter den Bildern lesen kann. Man fühlt sich in einen Dokumentarfilm von Ulrich Seidl versetzt.
Wahlkampf war auch gerade auf Sardinien, und der hat Annelies Senfter ein weiteres Motiv künstlerischer Betätigung geliefert: Die Kandidaten teilten Werbezettelchen mit ihrem Porträt aus. Weil diese Formate ungefähr denen von Andachtsbildchen entsprechen, sagen die Einheimischen ironisch „Santoni“ dazu: kleine Heilige, obwohl ein Sarde der jungen Künstlerin schmunzelnd anvertraut hat, dass es unter den italienischen Politikern in Wirklichkeit eh nur einen echten Heiligen gebe, Berlusconi nämlich.
Viel weiter, ebenfalls mit der Kamera, ist Anja Hitzenberger gereist. Sie fand sich selber in Peking innerhalb eines drei Kilometer großen Kreises aus Geleisen (einer Fahrschule für angehende Lokführer, wie sie erfahren hat), und innerhalb dieses kreisrunden Areals ein Dorf, das erstaunlich vielfältige Eindrücke vermittelte: „Ein lokales Mischmasch aus arm und reich“, erinnert sich die Medienkünstlerin. Es sind Fotos entstanden, die diese Gegensätze anschaulich machen. Pferde grasen vor modernster Architektur. „Für mich war das Kennenlernen anderer Lebensarten sehr ergiebig“, sagt Anja Hitzenberger.
Ganz unterschiedlich, was Salzburger Künstler zwischen New York und Vilnius, zwischen Peking und Budapest, zwischen Paris und den Arabischen Emiraten schaffen. Konrad Rainer zum Beispiel hat dort, wo in der Wüste die Architektur scheinbar uferlos wuchert, Motive gefunden und durch Mehrfachbelichtung gewaltige Bau-Utopien zusammengesetzt. Franz Bergmüller hat in Warschau, in der Weichsel, eine Kunstaktion „Fotoflaschenpost“ gemacht und fotografiert. Andere wie Fabian Fink, der in Paris und in Tenno (Norditalien) Ateliers bezogen hatte, ließ die Eindrücke eher auf sich wirken und schuf seine Skulpturen im Nachhinein zu Hause.
Ungewöhnlich ist es, wenn ein Künstler ausgerechnet während seines Aufenthaltes im Auslandsatelier Riesenformate malt. Man muss die Dinge ja irgendwie heimbringen. Daniel Domig hat das so gelöst, dass er schon in Chicago überlegt hat, ob die dort üblichen Inch-Rahmen wohl den bei uns üblichen Zentimeter-Formaten entspricht. So hat er die fertigen Leinwände zusammengerollt transportieren und sie daheim neu aufspannen können.
Mit deutlich kleineren Werken ist Wolfgang Seierl aus Vilnius heimgekommen, mit Zeichnungen und Fotoarbeiten. Seierl ist der Generalsenior in der Künstlerrunde, die den Sommer über in der Galerie im Traklhaus zeigen, was sie in den diversen Gastateliers geschaffen haben, wozu sie in ihren mehrwöchigen bis mehrmonatigen Aufenthalten angeregt worden sind. Seierl gehört zu denen, die diese Förderschiene höchst intensiv nutzten: Drei Mal war er in Paris, eben so oft in Virginia (USA), außerdem in New York, Berlin, Frankfurt, Budapest, Krakau, Warschau, Vilnius, im nordindischen Varanasi und im japanischen Nishinomiya. Auf fünfzehn Aufenthalte in Gastateliers hat es sonst keiner der 26 Künstler gebracht, die in der ersten der beiden Ausstellungen vertreten sind.