Entfernte Ähnlichkeit
MDM RUPERTINUM / KOKOSCHKA
21/10/11 „Mein Vater war mit den Porträts die Kokoschka von ihm gemacht hat, gar nicht zufrieden.“ Es gebe ja "die Legende, dass Kokoschkas Porträts die Dargestellten in der Zukunft zeigen“. Auch Willy Hahn sei Kokoschkas Porträts im Laufe der Jahre ein wenig ähnlicher geworden, erzählt Peter Hahn, Sohn des Porträtierten, und hält seine Hand vor eines der Blätter aus 1965: „Zumindest bis zum Kinn.“
Von Heidemarie Klabacher
Erstmals gezeigt wurde die Sammlung von Willy Hahn, eines 1988 verstorbenen deutschen Musikers und Kunstsammlers, jüngst in Dresden. Dort hat Oskar Kokoschka eine kurze aber bewegte Zeit seines Lebens verbracht. Nun werden 68 der insgesamt 90 Blätter umfassenden Privatsammlung in Salzburg gezeigt, wo Kokoschka als Gründer der „Sommerakademie“ und der „Schule des Sehens“ bis heute präsent ist.
Peter Hahn, bis 2003 Direktor des Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung, erzählt, wie eng Willy Hahn und Oskar Kokoschka verbunden gewesen waren: Kennen gelernt haben sich Künstler und Sammler 1941 in Hamburg. Der junge Kokoschka habe sich gefreut, „dass er einen Fan gefunden hat, der auch schon einige schöne Bilder von ihm besitzt“. Vor allem habe der Maler aber im Musiker den „Mitkünstler“ schätzen gelernt.
Die Sammlung Willy Hahn umfasst Zeichnungen und Aquarelle aus allen Schaffensperioden Kokoschkas, die im ersten Stock des Rupertinums „grob chronologisch“ gehängt sind. Im zweiten und dritten Stock zeigt das Rupertinum gleichzeitig Druckgrafik von Oskar Kokoschka aus den eigenen Beständen. Damit lassen sich spannende Beziehungen herstellen, denn für viele gedruckte Werke „oben“ gibt es gezeichnete Vorstudien „unten“: Das beginnt gleich bei den ganz frühen zwischen 1905 und 1907 entstandenen „Porträts von Lilith“ (Kokoschkas erster Liebe), die in den Zyklus „Die träumenden Knaben“ geflossen sind.
Weitere Blätter gelten Kokoschkas Zeit mit Alma Mahler: etwa Impressionen von Reisen nach Italien oder Ausblicke von der Mahler-Villa am Semmering. Die Porträtzeichnung von Alma Mahler „Das reine Gesicht“ taucht dann im druckgraphischen Zyklus „Der gefesselte Kolumbus“ auf.
Schräg: Nach dem Ende der Beziehung mit Alma Mahler hat sich Oskar Kokoschka von der Puppenmacherin Hermine Moos 1918 eine lebensgroße „Alma“-Puppe anfertigen lassen. Zwei Blätter aus der Sammlung Hahn zeugen von dieser „Beziehungs-Arbeit“.
Eine Frau beim Musikhören zeigt der Litho-Zyklus „Das Konzert“. Die Sammlung Willy Hahn umfasst mehrere Blätter, die ebenfalls den Ausdruck von Menschen beim Musikhören zeigen. Unter den zahlreichen Porträts (die zugleich eine Art Lebensgeschichte des Künstlers erzählen) ist auch eine der typischen Buntstift-Zeichnungen Kokoschkas: eine Porträtzeichnung von Gitta Weltz, der Tochter des Salzburger Galeristen.
Wie sich der Zeichenstil Kokoschkas „verfestigte“ und quasi „klassisch“ wurde, lässt sich an Hand der Rötelzeichnungen der Tänzerin Mary Meerson ablesen. Eine Landschaft in Öl sowie Aquarelle von Blumen aus dem eigenen Garten Kokoschkas beschließen die informative Schau.
Eine weitere Besonderheit der Privatsammlung Hahn: In Zusammenarbeit dem Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (wo erstmals alle Blätter öffentlich gezeigt worden sind) wurde die Provenienz aller Blätter - auf Kosten des Sammlers - erforscht. Das sei für eine private Sammlung ein absolutes Novum, berichtete Bernhard Maaz, der Direkter des Kupferstich-Kabinetts der Gemäldegalerie Alte Meister.