Jede Klasse ein Labor
SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST / RUNDGANG
23/08/17 Am Freitag (25.8.) geht die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst zu Ende, wie üblich mit einem „Tag der offenen Tür“. 257 Personen haben an den 18 ein- bis vierwöchigen Kursen auf der Festung Hohensalzburg, in den Räumen des Künstlerhauses und im Kiefer Steinbruch Fürstenbrunn teilgenommen.
Von Werner Thuswaldner
Vor dem Abschluss der Sommerakademie für Bildende Kunst auf der Festung geht man jetzt noch aufmerksamer durch die Ateliers als die Jahre zuvor. Es könnte sein, dass sich hier eine Künstlerin oder ein Künstler aufhalten, die (oder der) der von den Festspielen bereits gefragt worden ist, ob er oder sie nicht auch einmal Lust hätten, eine Oper zu inszenieren, vielleicht – für den Anfang – im Großen Festspielhaus. Im Fall der „Aida“ ist das ja diesen Sommer bereits praktiziert worden.
Am Freitag (25.8.) also ist die Sommerakademie zu Ende, in den Klassen gibt es Schlussbesprechungen und allenthalben ist etwas von „Endstimmung“ zu merken. In ihren Auskünften über die Akademie betont die Leiterin Hildegund Amanshauser, dass diesmal die Atmosphäre besonders harmonisch gewesen sei. Das ist auf dem Weg durch die Ateliers auch zu merken. Die Studierenden tauschen sich aus und helfen einander. Bestimmte Klassen, wie etwa die Bildhauer im Steinbruch, arbeiten und leben auf engem Raum nebeneinander, an Außenseitertum ist gar nicht zu denken. Auch in der Filmklasse ist Kooperation oberstes Gebot, zumal die Rollen immer wieder getauscht werden, so dass alle Teilnehmer die verschiedenen Sparten der Entstehung eines Films praktisch kennenlernen können. Das Durchschnittsalter der Studierenden lag bei 35 Jahren und sie kamen aus 37 verschiedenen Ländern. Die 35 öffentlichen Veranstaltungen in sechs Wochen wurden immerhin von rund 2.560 Besucherinnen und Besuchern wahrgenommen.
Die Sommerakademie orientiert sich global. Die Studierenden und Lehrer kommen aus den verschiedene Weltgegenden. Die Auffassungen, nicht nur künstlerischer Art, stimmen manchmal überhaupt nicht überein, auch die Meinung über das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden ist auf der Welt bei weitem nicht überall gleich. Das ergibt – meist vorübergehende – Anpassungsprobleme und Konflikte, kann aber auch kreatives Potenzial aktivieren. Die intensive Auseinandersetzung mit anderen Kulturen ist in jedem Fall ergiebig.
Eines der Beispiele ist die Klasse von Aisha Khalid, die sich mit Miniaturmalerei befasst, wie sie in früheren Jahrhunderten in Nordindien und Pakistan praktiziert worden ist. Die uralte Kulturtradition mit all ihren Bedeutungsschwerpunkten, die strenge Disziplin erfordert, wird wieder erweckt. Gemalt wird auf dem Boden sitzend. Die Lehrerin geht ungewöhnlich vor, indem sie sich die Arbeit eines Studenten, einer Studentin, vornimmt und sich selbst als Künstlerin einbringt. Manche der Studierenden kommen so weit, dass sie über vorgegebene Ausdrucksformen hinausgehen und in der Miniaturmalerei etwa auch die Abstraktion einführen.
Wie immer nahm auch diesmal die Malerei großen Raum ein. Auch hier wurde Kooperation groß geschrieben, wenn die ganze Gruppe an einem Wandgemälde arbeitete.
Welches ist eines der wichtigsten und daher am meisten verbreitete Werkzeug der Menschheit? Es ist das Spinnrad. Mitten in der Klasse mit dem Titel „Wie das Werk vom Werkzeug zeugt“ steht eines, ein archaisch wirkendes Exemplar aus Neuseeland. Die Wolle kommt von Heidschnucken, aber auch von heimischen Schafen. Verarbeitet ergibt sie das Material für verschiedenste Kunstwerke.
Lebhafte Diskussionen und Redaktionssitzungen gibt es in der Klasse „Schreiben über Kunst“, wo zuletzt eine Zeitschrift entstand. Kann sich eine Kritik damit begnügen zu beschreiben? Natürlich nicht. Beschreibung ist ein Element der Kritik. Und wie soll das Urteil formuliert werden?
Alles in allem: Jede Klasse erweist sich als ein Labor, wo viel riskiert wird, wo Fehlschläge passieren dürfen, das Gelingen aber stets mit Elan angesteuert wird.