Stimmiges Stück ohne klare Botschaft
MACHT.SCHULE.THEATER / SCHAUSPIELHAUS
25/04/12 Wir sind nicht allein. Geheimnisvolle weiß-gesichtige Gestalten umgeben uns. „Das stille Volk“ dominiert heimlich unseren Alltag in der Fabrik, in der Schule, an der Bushaltestelle. Das Stück von Petra Schönwald und Evamaria Ferstl hatte im Rahmen der österreichweiten Theaterinitiative Macht.Schule.Theater am Montag (23.4.) im Schauspielhaus Premiere. DrehPunktKultur besuchte die zweite Aufführung.
Von Julia Mittermayr
Mädchen sitzen an Tischen. Sie reden miteinander, naschen, lesen, schreiben. Dann plötzlich friert die Zeit ein, Musik ertönt. Nur ein Mädchen aus der Gruppe kann sie sehen: Gestalten. Blauer Umhang, weiße Maske, eisiges Schweigen – das stille Volk. Und dann kommt auch schon die nächste Szene, ohne große Aufklärungen.
Hier wird die derzeitige Topmodel-Manie eingebaut und stellt einen gelungenen ersten Höhepunkt dar. Aneinandergereihte Tische werden zum Catwalk auf dem sich die Jungschauspielerinnen der Jury-Dame und dem Publikum präsentieren. Dann die Entscheidung, bei der die Siegerin mit einer riesigen Krone, direkt von der Decke schwebend, gekrönt wird – ein spannender Einfall! Natürlich steht hinter jedem erfolgreichen Mannequin eine Mutter, die es mit mehr oder weniger gut gemeinter Liebe zu unterstützen versucht. Ein gruseliger, aber entlarvender Blick hinter die Kulissen der Schönheitswettbewerbe für Kinder unter Leistungsdruck, der von den Eltern kommt.
Auch beim nächsten Akt steht die Leistung im Vordergrund. In der Fabrik wird daher nicht auf Qualität sondern auf Quantität gesetzt: Die Vorgesetzte drillt ihre Mitarbeiter zur Produktionssteigerung und weiß dabei ihre Reitgerte gewusst einzusetzen.
Alltägliche Räume finden in der Geschichte ihren Platz. Ob auf der Straße, im Klassenzimmer, in der Fabrik: Begegnungen mit den mysteriösen Wesen können überall passieren.
Die Ausstattung erscheint zu Beginn schlicht: Doch bald merkt man, dass die Requisiten – fünf Tische – ausreichen, um jede Szene anschaulich zu untermalen. Die fünf Tische werden gekonnt umgestellt zu Catwalk, Schulbank oder Fließband. Die Geschichten stehen in der Produktion „Das stille Volk“ im Vordergrund, nicht aufwendige Bühnenkulissen. Die liebevoll gezeichneten Animationen stimmen jeweils gekonnt auf die nächste Szene ein: Auch hier wirkt nichts überladen, sondern nimmt den schlichten Charakter von Kinderzeichnungen an.
Das passt zu den schauspielernden Schülern. Die multikulturelle Gruppe aus der Neuen Mittelschule Lehen und dem BG Zaunergasse hat nicht nur Spaß daran, auf der Bühne zu stehen. Die jungen Leute sind so eingespielt aufeinander, dass man vergessen mag, dass es sich um eine Schulproduktion handelt.
Dennoch bleiben Fragen offen. Das beginnt beim Aufbau der Szenen, deren Protagonisten in anderen Akten wieder auftauchen: Charmant aneinandergereiht, bilden die Szenen keine klare Linie. Auch das „stille Volk“ selbst gibt einige Rätsel auf: Das Publikum erfährt weder, wer das ist, noch, was seine Aufgabe ist. Assoziationen zu den mysteriösen Gestalten lassen sich vielleicht in der eigenen Angst oder geheimen Wünschen finden, erklärt wird aber nichts. Wenn auch die Botschaft nicht ganz klar scheint: Die Regisseurinnen Petra Schönwald und Evamaria Ferstl verstehen es, dem Zuschauer ein „besonderes Gefühl“ mit nach Hause zu geben,