Theater „auch für die Kinder in uns allen“
JUBILÄUM / VIERZIG JAHRE TOIHAUS
10/10/24 Wir werden alt, das Toihaus bleibt offensichtlich jung. Wir erinnern uns noch, als vor vierzig Jahren die Toihaus-Gründerin Myrto Dimitriadou in einem Hinterzimmer des „Shakespeare“ (im selben Faberhaus-Block, aber eine Gasse weiter) mit Kindern zur Schwanensee-Musik hopste. Das war wohl eine der ersten Produktionen im Jahr 1984.
Von Reinhard Kriechbaum
Damals wäre es noch undenkbar gewesen, Theater auch schon für Ein-, Zwei- oder Dreijährige anzubieten. Viel hat sich verändert in den Jahren seither, die Erwartungen an die Sparte ebenso wie die Angebote. Nicht nur das Toihaus ist zur fixen Bühne geworden. Die Ziele sind ganz andere. Was aber vielleicht gleich geblieben ist: Man habe „den klaren Blick für das Schöne bewahrt“, formulierte es die ORF-Journalistin Nadja Kayali am Donnerstag Vormittag bei einer Feier zum Vierzig-Jahre-Jubiläum.
„Die Wertschätzung der jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft ist ein zentrales Anliegen und drückt sich in der künstlerischen Begegnung auf Augenhöhe und im Ernstnehmen des künstlerischen Anspruchs fernab von Alter und Herkunft aus.“ Soweit ein programmatischer Satz auf der Toihaus-Homepage. Deshalb sei dieses Theater „gegen jeden Kitsch gefeit“, sagt Nadja Kalyari. Sie ist auch Festival-Leiterin und hat das Toihaus mit Neuproduktionen 2022 zum Festival Imago Dei in den Klangraum Krems und in diesem Sommer zum Carinthischen Sommer eingeladen.
Das Toihaus nahm seinen Beginn 1984 mit dem Verein Löwenzahn – Verein für Theaterräume. Die realen Theaterräume für Kinderproduktionen waren damals so bescheiden wie die künstlerischen Vorstellungen davon. Myrto Dimitriadou kam in Salzburg eine Vorreiterrolle in Sachen Kindertheater zu. Seit 2002 zählt das Toihaus, nun mit Eingang von der Franz-Josef-Straße aus, zu den österreichischen Wegbereitern der Kunst für die Allerjüngsten. Es ist Teil von EU-Netzwerken und Kooperationsprojekten für Kleinkindertheater in der Creative Europe Culture-Förderung der EU. Das Toihaus macht auch Stücke für Erwachsene. Oder wie es bei der Feier Karin Buchauer formulierte: „Wir machen Theater auch für die Kinder in uns allen.“
Seit 2018 wird das Toihaus im Dreierteam geführt: Fürs Künstlerische sind Cornelia Böhnisch und Katharina Schrott zuständig, fürs Administrative Karin Buchauer. „Unsere Stärken sind eine poetische und sensible Bildsprache, die Wertschätzung der leisen Töne – auch im Theater für die Allerkleinsten.“ Dafür gab's als Einstimmung zum kleinen Festakt eine anschauliche Kostprobe: Flatterland ist eine der aktuellen Produktionen – wortlos, aber mit suggestiven Bildern. Es geht nicht um Vögel oder Schmetterlinge, sondern um die Luft, die ihnen Fliegen erst möglich macht. Rauch und Atemgeräusche, vor allem aber auch die Bewegung von großen, leichten Stoffbahnen macht Luft hör- und sichtbar. Luft wird sogar greifbar, wenn die beiden Tänzerinnen beispielsweise auf einer Luftblase, die sich unter der Stoffbahn gebildet hat, Klavierspiel andeuten.
Die Musik ist, auch wieder ein Kennzeichen der allermeisten Toihaus-Aufführungen, nicht wegzudenken. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Cornelia Böhnisch und Katharina Schrott vom Tanz, von der Choreographie herkommen. Es war aber auch früher schon so. Wie viele Produktionen mag über die Jahrzehnte der Cellist Norbert Pascher begleitet haben? Im Flatterland sind Glockenspiel und andere Metallophone gefragt (Yoko Yagihara spielt). Worte gibt’s keine im Flatterland, und auch das ist typisch für viele Toihaus-Produktionen für die Kleinsten. Sie werden auf emotionaler Ebene angesprochen. Etwas sperriger auf der Homepage: Die Kleinkinder-Aufführungen seien „frei von sprachlichen Einschränkungen und zeigen poetische Momente in ihrer Essenz.“
toihaus.at
Bilder: Toihaus / Fabian Schuber (1); dpk-krie (3)