Ein „Theater der sinnlichen Aufklärung“
LANDESTHEATER / SCHAUSPIEL-LEITUNG
13/09/24 Der deutsche Theatermacher und Regisseur Nuran David Calis wird mit Anfang der Spielzeit 2025/2026 Schauspieldirektor am Salzburger Landestheater. In dieser Funktion wird er den Spielplan sowie jeweils zwei eigene Inszenierungen in Salzburg verantworten.
In der kommenden Spielzeit inszeniert Nuran Davis Calis Homers Epos Odyssee (Premiere am 28. September) und er kuratiert das internationale Symposium Die Zukunft des Theaters, das am 27. und 28. September am Salzburger Landestheater stattfindet.
Nuran David Calis wurde 1976 in Bielefeld geboren. Er studierte Regie an der Otto-Falckenberg-Schule in München und produzierte Musikclips für HipHop-Bands. Heute ist er als Theater- und Drehbuchautor sowie als Regisseur tätig. Neben der erfolgreichen Inszenierung klassischer und zeitgenössischer Theaterstoffe, etwa am Deutschen Theater Berlin, am Theater Basel, am Thalia Theater Hamburg, Residenztheater München, am Schauspiel Dresden, Frankfurt, Leipzig, Mannheim, Residenztheater München, in Stuttgart und Wien hat er sich als Autor auf Überschreibungen von Theaterstücken spezialisiert. Er gilt auch als Experte für dokumentarisches Theater und hat für das Schauspiel Köln beispielsweise das Stück Die Lücke, das sich mit der Aufarbeitung des NSU Nagelbombenanschlags in Köln beschäftigt, entwickelt. Ähnliche Arbeiten hat er etwa für das Kunstfest Weimar erarbeitet. Seine über zwanzig Theatertexte sind beim S. Fischer Theaterverlag verlegt.
Für all das hat Nuran David Calis seit 2021 auch am Salzburger Landestheater praktische Beispiele geliefert. Hier realisierte er beispielsweise das Dokumentarstück #Ersthelfer #FirstAid sowie 2022 Franz Grillparzers Argonauten. Ob ihn gerade diese beiden Arbeiten als künftigen Schauspielchef empfehlen – darüber darf man durchaus geteilter Ansicht sein. Jedenfalls steht sein Zugang zum Theater im Einklang mit dem allseits herrschenden, modischen Common sense.
Der 48jährige über die sich ihm hierorts öffnenden Perspektiven: „Die Ausrichtung des Spielplans wird politischer und bleibt doch dem Menschen zugewandt, indem die ästhetischen und sozialen Fragen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sich solidarisch miteinander verbinden.“
„Ein Theater der Versöhnung und des Zusammenhalts“ schwebt Nuran David Calis für Salzburg vor, ein „Theater der sinnlichen Aufklärung“. An Worthülsen lässt es der Theatermann nicht fehlen: „Wir wollen ein Theater gestalten, welches den Menschen der Stadt und des Bundeslandes ein Angebot macht und ein Versprechen abgibt. Das Versprechen ist, dass das Theater ein Ort sein kann, in dem verschiedene Biografien beginnen, zusammenfließen und dadurch unterschiedliche Lebenswege miteinander verwoben werden können. Egal in welche Verhältnisse die Menschen hineingeboren wurden. Egal aus welchen sozialen, ethnischen, religiösen Verhältnissen sie hervorkommen. Egal welches Geschlecht oder welche Sexualität die Menschen haben. Sie sollen sich in unserem Theater repräsentiert und aufgehoben fühlen mit ihren Themen. Und Einblicke erhalten in ihnen nicht vertraute Welten.“
Intendant Carl Philip von Maldeghem freut sich auf die neuen Perspektiven für das Schauspiel: „Nuran David Calis hat als Theatermacher eine ausgeprägte, künstlerische Kraft. Ich weiß seine Haltung mit klarem ästhetischen Kompass zu schätzen und freue mich, dass er als starker Partner den Spielplan des Schauspiels gestalten wird. Gerade seine Fähigkeit, als Autor und Regisseur spannende Narrative zu erzählen, aber auch literarisch und dokumentarisch zu agieren, versprechen ein interessantes Spektrum in der Sparte Schauspiel.“
Für seine Theaterarbeit wurde Calis mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er schon 2006 einen Nestroy Preis als „Bester Nachwuchs“ für seine Regie von Schillers „Die Räuber“ am Wiener Volkstheater und wurde als Regisseur mit dem Karl-Skraup-Preis ausgezeichnet. 2005 erhielt er das Dramatiker-Stipendium des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft und 2017 den Ludwig-Mülheims-Theaterpreis, mit einem Preisgeld von 25.000 Euro einer der bestdotierten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum. Für seine literarischen Werke wurde Calis ebenfalls mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bayerischer Kunstförderpreis in der Sparte Literatur (2006) und mit dem Stipendium der Kulturakademie Tarabya (2014). Sein erster Spielfilm, Meine Mutter, mein Bruder und ich kam 2008 in die Kinos. Für das ZDF verfilmte er 2010 Frank Wedekinds Frühlings Erwachen und 2012 Georg Büchners Woyzeck. Sein Debütroman Der Mond ist unsere Sonne erschien 2011. Die Landestheater-Produktion #Ersthelfer #Firstaid ist 2021 in der Kategorie „Bestes Stück Bundesländer“ für den „Nestroy“ nominiert worden. (Landestheater/dpk-krie)