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Das eine rote Eichhörnchen unter den Braunen

LANDESTHEATER / DIE SPRACHE DES WASSERS

17/01/24 „In meinem Bauch ist kein Platz für Schmetterlinge“, sagt die zwölfjährige Kasienka desillusioniert. Ein polnisches Migranten-Mädchen in England erlebt das Ausgegrenzt-Sein: Die Sprache des Wassers ist eine Jugendproduktion des Salzburger Landestheaters im Probenzentrum Aigen.

Von Reinhard Kriechbaum

Kasienka ist eben „eine Polin in Coventry, nicht ein englisches Mädchen in Danzig“. Das ist unterschiedliche Mentalität auf den Punkt gebracht, so lapidar, wie es wohl nur englische Romanciers zuwege bringen. Die Sprache des Wassers ist ein Roman von Sarah Crossan, aus dem Anna Lukasser-Weitlaner, Leiterin der Jugendsparte im Salzburger Landestheater, ein pointiertes Bühnenstück geformt hat. Eine Familien- und Migrantengeschichte ohne jede Larmoyanz, so alltäglich eigentlich, wie sie sich derzeit vermutlich zigtausendfach in Mitteleuropa abspielt. Man braucht nur statt Danzig Saporischschja, Cherson oder den Namen irgendeiner anderen ostukrainischen Stadt einzusetzen.

„Es ist saubere Wäsche drin.“ Die Mutter hat den Satz nachdrücklich wiederholt, als das wenig ansehnliche Gepäckstück auf dem Laufband des englischen Flughafens daherkam. Auch so ein Satz, in dem Vorurteile Fremden gegenüber verdichtet sind.

Die knapp und unprätentiös erzählte Geschichte: Mutter und Tochter gehen nach England, auf der Suche nach „Tata“ (Papa). Der hat hier, in Coventry, eine neue Familie gegründet. Ihn ausfindig zu machen ist das so beharrlich verfolgte Ziel der Mutter. Die Tochter bleibt als Migrantin in der Schule ausgegrenzt. Aber sie hat den eisernen Willen, sich als Schwimmerin auch im neuen Land zu bestätigen. „Das Wasser ist eine eigene Welt“, sagt sie, „mit einer eigenen Sprache, und die spreche ich fließend.“

Wenig Utensilien auf der Bühne: Koffer, der ominöse Wäschesack. Drei Sprungpodeste, von denen Kasienka in eine mölicherweise positive Zukunft springt (das Ende des Stücks lässt jedenfalls darauf hoffen). Ein riesiger Schwimmreifen, der für das Bett steht, das sich Mutter und Tochter in der armseligen Unterkunft teilen müssen. Die knappen Szenen, teils pantomimisch, sind verknappt und verdichtet. Ein paar Schritte hinter dem Vorhang aus transparentem Plastik, und schon eine neue Situation, eine neue Perspektive auf die Geschichte. Man kann sich leicht hineindenken und einfühlen in die Seelenlage der beiden Protagonistinnen.

Nikola Kripylo ist die junge Kasienka, der Lebensfreude und Optimismus ins Gesicht geschrieben sind. Auch wenn für das Migrantenmädchen, das so gerne „das eine rote Eichhörnchen sein unter den Braunen“ wäre, vorerst wenig Aussicht auf Akzeptanz unter ihren Mitschülerinnen besteht: „Hart arbeiten, Bahnen ziehen, auf und ab“ – so viel positive Energie in eigener Sache führt Kasienka schließlich zum Erfolg, aber auch zwangsläufig auf Konfrontationskurs zu ihrer Mutter (Gabriele Fischer), die sich eher verhärmt hineinbeißt in ihr unerreichbares Ziel.

Das alles ist völlig unprätentiös, in fünfzig Minuten kurzweilig und doch emotional einfühlsam erzählt. Genau so soll Jugendtheater (in diesem Fall empfohlen ab zehn Jahren) sein.

Aufführungen bis 11. Februar im Probenzentrum Aigen des Salzburger Landestheaters – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Tobias Witzgall

 

 

 

 

 

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