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Alles hinkt, was nach Metapher stinkt

THEATER ECCE / DAS GROSSE WELTTHEATER

26/04/23 Als Anlauf zur Mega-Produktion Das große Welttheater – für's Programm der Kulturhauptstadt Bad Ischl 2024 – entstehen in den VOLXtheaterwerkstätten Salzburg und Saalfelden zwei Stücke. Episode 1 brachte bei der Premiere in der ARGEkultur einen Ursuppen-Schöpfer jenseits göttlicher Gnaden. Ein Rätsel gelöst: Ein Körperwind löste den Urknall aus.

Von Erhard Petzel

Seit Anbeginn – also ab Publikums-Einlass – sitzt er da. Der Schöpfer. Er kratzt sich mit einem solchen den Rücken. Diesen zeigt er den herein-strömenden Scharen. Der Schöpfer ist wichtig. Nachdem sich die bunte VOLXtheater-Truppe zum Casting eingestellt hat, wirkt das geschwungene Kücheninstrument auch als Klang-Schöpfer für das XXXL-Welttheater, während es seinem schwingenden Meister etwas an biblischem Ernst gebricht. Auf dem dunklen Hintergrund dirigiert er einen alternativen Dia-Vortrag, die dunkle Materie ohne weiteren technischen Aufwand aus sich selbst imaginierend. Die Erde sei auf diesem Prospekt lediglich als Fliegenschiss darzustellen. Der Casting-Reigen beginnt vor einem manipulativen Mikrophon: Wer sich dort hinstellt, sucht erst gar nicht nach Beschönigung, sondern haut mutwillig seine Eigenheiten in die Pfanne.

Zwischendurch Information: Die VOLXtheaterwerkstatt des Theater Ecce ist ein wöchentliches für alle offenes Themenlabor in der Leitung von Reinhold Tritscher. Premiere Das große Welttheater Episode 1 als inklusives Theaterstück der VOLXtheaterwerkstatt Salzburg war am Dienstag (25.4.) in der ARGEkultur, einem Kooperationspartner.

Ganz weit im Hintergrund der spanische Autor Calderon mit seinem gleichnamigen Stück. Der Autor DIESER Fassung, zugleich Leiter einer Amateurtheatertruppe, geht noch weiter: „Wir beginnen vor mehr als 13 Milliarden Jahren, mit der Entstehung des Universums...“

Den ausgeführten Kalauern eignet die Qualität des Witzes, der sich aus improvisierten Prozessen in Gruppen entwickelt und sich dem jeweiligen Typus und der speziellen Persönlichkeit anpasst. Damit ist Paul im Rollstuhl ebenso dabei wie Maxim, dessen Gilgamesch-Gewäsch als Leitfaden in eine spezielle Szene führen wird. Die verschiedensten – möglichst unwahrscheinlichen – Bühnen- und Lebenskarrieren werden da ausgebreitet und ein sich stets hachelndes Paar darf auch nicht fehlen. Was zu erwarten war: Calderon de la Barca steht hier als Pate doch eher krass im Abseits. Da bei einem solchen Casting aber alle aufgenommen werden, dirigiert der Meister des Schöpfers alle Elemente aus der harmonisch choreografierten Ursuppe in die körperlich intensive Enge der Singularität. Da alles hinkt, was nach Metapher stinkt, löst ein Körperwind den Urknall aus. Schließlich im Irdischen gelandet, gibt es den nächsten Zoff bei den Rollenzuteilungen.

Kann der Zweikampf um die Königsrolle noch durch die Installation eines Thronfolgers beschwichtigt werden, will Julia die Bettler-Rolle gar nicht akzeptieren. So richtig auf geht’s beim Dreikampf um die Allegorie der Schönheit, zumal das Tablet den Geist aufgibt. Stevie krönt sich napoleonisch selbst nach einem fulminanten Breakdance. Doch seine Widersacherin kann energischer schreien, was in diesem Fall entscheidet. Am weitesten entfernt von der Welt geistiger Mysterienspiele zeigt sich die Allegorisierung des Kettenrauchens, dafür ist sie inklusiv. Aus dem Chaos ersteht letztlich der Bühnenkosmos mit zugeteilten Rollen, was in Folge nicht viel bedeutet.

Die Stationen des Menschen zählen. Szene 4a: Reiche Geburt. Die Frau des völlig hinfälligen Königs bestellt sich ein Wunschkind nach Maß und überschüttet die Klinik mit Zuwendungen. Wird hier das Kind gekauft, soll auf der völlig desolaten Station das Kind der armen Mutter vom Vater verkauft werden. Im Gegensatz zur königlichen Impotenz bringt die Fertilität hier aber Drillinge zutage, was jedenfalls zu viel ist.

Als Abschluss vor dem Imbissstand zum Jüngsten Gericht palavert man zum Tod des Königs und die trivialen letzten Dinge-Vorstellungen. Gemäß der frugalen Bühnenausstattung imaginiert sich der Weltuntergang in dessen Erzählung. Wie in Le Grand Macabre versäumt diesen ein Zecher und intoniert den lieben Augustin. Der Rollstuhl wird raus geschoben und ein eigenwilliger Abend findet sein Ende jenseits der theologischen Befindlichkeiten früherer Epochen. Reinhold Tritscher hat seine besondere Truppe zu einem geschlossenen Offenen inszeniert, Anna Adensamer dem TheaterVOLX poetische Choreografien auf den Leib geschrieben. Allgemeine VOLXfeststimmung.

Zwei weitere Aufführungen heute Donnerstag (26.4) und Freitag (27.4.) – www.argekultur.at
Bild: Theater Ecce / ARGEkultur

 

 

 

 

 

 

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