Sagen Sie, wie geht es mir heute, Herr Doktor?
KLEINES THEATER / DER EINGEBILDETE KRANKE
07/10/22 Worunter Argan nicht alles zu leiden hat: negative Schwingungen, Aurastörungen, Blockaden – „energetisch so gut wie tot“, diagnostiziert ihm der Doktor. – Molières Der Eingebildete Kranke, frech, bunt, schrill und urkomisch in einer Aufführung der freien Bühne Salzburg.
Von Verena Resch
Ganz schwach und langsam betritt Hans-Jürgen Bertram als Argan die Bühne, gestützt auf seinen Gehstock und gekleidet in seinen Seidenpyjama. Schnell wird klar, wie weit ihn seine Hypochondrie schon getrieben hat: Seine Tochter soll verheiratet werden, und zwar mit niemand geringerem als dem Neffen vom Herrn Doktor, schließlich ist der auch Arzt und als liebende Tochter sollte sie natürlich alles tun, um ihren kranken Vater gesund zu machen! Dass die Tochter, gerade frisch verliebt, damit gar nicht einverstanden ist, ist klar.
Argan, offensichtlich nicht allzu knapp bei Kasse, wird im Folgenden von allerhand Leuten betüttelt und umschmeichelt, die seine Situation gut auszunutzen wissen. Vom Notar, der ihm weismacht, er solle seiner Frau das Vermögen schon vor dem Tod schenken, sonst müsse sie es mit der (Stief-)Tochter teilen. Vom Doktor, der in seinem verzweifelten Patienten eine Geldquelle erkennt. Und vor allem natürlich von seiner Ehefrau Belinde, amourös verbandelt mit dem Notar und nur aus Habgier mit ihrem „Bär und kleinen Stinker“, wie sie Argan nennt, verheiratet.
Die einzigen Figuren, die Argans Lage erkennen und ihm helfen wollen, sind das kluge Hausmädchen Toinette und sein Bruder Beralde. Toinette erkennt, dass sie dem Hausherrn die Augen öffnen muss und gibt sich als weiterer Weißkittel aus und gibt ihm den Rat, sich am besten gleich alle Gliedmaßen abzuhacken, denn was nicht mehr da ist, könne ja schließlich nicht mehr krank werden. Mit einer List gelingt es ihr, ihrem Herrn, endlich die Augen zu öffnen und das Happy end herbeizuführen.
Für die Produktion der Freien Bühne Salzburg wurde der Klassiker von Molière in ein komplett neues Gewand gesteckt und präsentierte sich in der Regie von Helmut Vitzthum bei der Premiere am Mittwochabend (5.10.) frech, bunt und witzig. Der Originaltext wurde ordentlich überarbeitet und an die heutige Zeit angepasst – herausgekommen ist ein herrlich unterhaltsames Stück, in dem manches so sehr auf die Spitze getrieben wird, dass es beinahe schon skurril wirkt. Etwa, wenn der Doktor wie ein Priester in Singsang verfällt, wie eine Heiligenfigur beleuchtet wird und der Patient mit dem Krug, in dem er seine Ausscheidungen sammelt, davor kniet.
Knallbunt sind nicht nur die Perücken der Darsteller, sondern auch ihre Kleidung (Kostüme vom Salzburger Landestheater), grellbunt geschminkt sind die Gesichter, sodass sie beinahe wie Masken erscheinen.