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Nach dem Männer-Desaster...

ARGEkultur / CHROMOSOM XX

14/01/22 Konferenz der Frauen für eine Zukunft nach dem Patriarchat? Die Show zeigt: Durch Stereotype, Gemeinplätze und spielerische Ironie entsteht zwar kein Neuansatz, das individuelle Ausleben von Poesie zur gemeinschaftlichen Choreografie der Salzburger Formation Chromosom XX ist aber gut fürs Gemüt.

Von Erhard Petzel

Die Konferenz der Tiere kennt man als moralisch hochgezogene Kinderlektüre. Was also erwarten von einer Frauenkonferenz? Den Schluss vorweggenommen, regiert auch hier kindlich blauäugiges Wunschdenken, wenn jede Künstlerin ihr Highlight an der antizipierten Verbesserung der Welt nach der Konferenz reflektiert. Denn zehn Frauen sind per Zufall ausgewählt, in der Konferenz fünf Säulen zur Rettung der Welt nach dem patriarchalen Desaster auszuarbeiten. Dass nur Künstlerinnen beteiligt sind, erklärt womöglich auch, dass die hier verbreiteten individuellen Thesen zum fraulichen Wesen den Antifeminismus aufgeklärten Männersinns vergangener Epochen bestätigen könnte. Antimaskulismus ist offenbar auch nicht weniger albern, heute vielleicht amüsanter.

Premiere war am Donnerstag (13.1.) in der ARGEkultur. In eingespielten Interviews unterschiedlichster Frauen auf der Großleinwand werden vor Spielbeginn die Standpunkte zur Frauenfrage völlig divergierend ausgeführt. Auch auch der Denkansatz der Konferenzteilnehmerinnen ist nicht auf einen Nenner zu bringen. Dementsprechend eiern die ersten Konferenzrunden ergebnislos durch den weiblichen Kommunikationskosmos. Wo, wobei jede ihren Charakter und emotionalen Hintergrund entwickeln und ausleben kann. Von der Erkenntnis, dass die Probleme der Welt nicht eigentlich Geschlechterprobleme sind, bis zur Forderung nach rächender Unterdrückung der Männer für die nächsten hundert Jahre, finden sich alle möglichen Zugänge zur Problemdiskussion, die gerne ironisch und komisch gebrochen wird.

Während man davon ausgehen kann, dass sich die Frauen ihre Figuren ziemlich eigenständig entwickelt haben und somit auch einigermaßen authentisch zelebrieren, verkommen die Einschübe zur Entlarvung des Y-Machismo als Puppenspiel zum holzschnittartigen Klischee, das dem Geist von Blondinenwitzen nicht viel nachsteht.

Maria Morschitzky klinkt sich gleich einmal aus, um während der Aufführung die großformatige Bühnenleinwand zu bemalen, die zusätzlich als Projektionsfläche für die Konferenzkamera und Stimmungsbilder dient. Nihan Devecioglu macht Stimmung auf Keyboard und mit ihrer Stimme. Zu Liedern und Lautmalerei gibt es auch erläuternden Text und Playback. Mit diesen Elementen wird der große Umbruch eingeleitet.

Denn nur im Ausbruch in das kreative Spiel findet sich die zunächst vergebens gesuchte Erneuerung. Myrto Dimitradou, das Alter, als Reisende mit Stock und Koffer (Schwesterlein fein wird nicht angestimmt), mehr wandernde Wotanin als Gea, gebiert die Idee, die Konferenztische zu verschieben und umzudrehen. Daraus ersteht die phantasmierte Gondelfahrt in die Höhe mit entsprechender Verschiebung der Perspektive. Tanz und Choreografien lösen das starr Phallische des überkommenen Konferenzdesigns ab. Erinnerungen an Nackttänze weiblicher Familienmitglieder allen Alters werden zum Labor über weibliches Körperverständnis. Der Exkurs zu Grazie leitet über zum poetischen Höhepunkt des Abends, einer dreiköpfigen Fetzenhexe.

Die schimpft denn auch vier Frauen beim infantilen Fetzengeburts-Spiel aus. Eine Protagonistin ist tatsächlich schwanger. Dass zu Beginn die Schwangerschaft als Hauptproblem der Frau wegen des Verlusts ihrer persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten verunglimpft wurde, markiert zwar eine Position, doch bleibt die Frau als Gebärende insgesamt erstaunlich unterbelichtet. Lieber suhlt sich Frau in Männer-Haushalts- und Frauen-an-der-Macht-Fantasien.

Eine vergnügliche Revue mit reichem Gestaltungselan (Regie führen Caroline Richards und Bernadette Heidegger), der als Ausdruck von Frauenpower aufgefasst werden kann. Eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit Leitbildfunktion sollte man sich von der Produktion nicht erwarten, das ist auch nicht ihr Ansatz. Es ist beherztes Theater von Frauen für alle, die sich auf engagierte Inszenierung von Frauenpower einlassen. Die kommen in hohem Maß auf ihre Rechnung.

Konferenz der Frauen – vier weitere Termine in der ARGEkultur bis 19. Jänner - am Freitag (15.1.)  auch als Stream - www.argekultur.at
Bilder: chromosomxx.org

 

 

 

 

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