Donau zu blau, zu blau, zu blau
ARGEkultur / DIE HUMANISTEN - ALL THE SILENT LADIES
29/06/21 Küss die Handke. Salzenburger Fetzenspiele. Viel Kunst heut nicht viel gut sein. Sein viel Schmutzen. Sein ich Kunst schutzen. Deutsch Sprach schutzen. Schmutzen Finken. Pfui Gack. - Die Humanisten von Ernst Jandl und All the silent ladies, all the silent ladies, now put your hands up von Laura Naumann in der ARGEkultur.
Von Heidemarie Klabacher
Zwei Salzburger Erstaufführungen inszeniert von Hildegard Starlinger in Kooperation mit der ARGEkultur ergeben einen brillanten Sprachkunst-Abend mit Musik und genau der richtigen Dosis „Performance“ zwischen Selbst- und sonstiger Ironie. Nicht selten beleibt das Lachen im Halse stecken. Je leichtfüßiger die Kritik - sei es an Heimat-Schutz-Wahn oder vom Patriachat abgesegneten Macho-Allüren - je heftiger die Wirkung. Und hier ist die Kritik echt leichtfüßig.
Das Ganze hat im Stream sehr gut funktioniert. Sprachkunstwerke wie Jandls Humanisten oder Naumann All the silent ladies fordern Sprachkünstler mit ausgewachsener Sprechtechnik. Als solche haben sich alle Ensemblemitglieder erwiesen. Ohne steif in den Buchstaben herumzustelzen, locker, und bis in die hintersten Konsonanten hinein markant und präzise brachten sie die beiden Werke bravourös zur Wirkung.
Es hätte, angesichts der sprech-technischen Souveränität auch eine „Lesung“ gereicht. Aber Regie und Dramaturgie von Hildegard Starlinger haben nicht nur die beiden Teile zu einer gerundeten Einheit verschmelzen lassen. Szene und Performance, Darstellung und Requisite, haben gerade die richtige Dosis zusätzlicher Absurdität und Schrägheit eingebracht, so dass die anspruchsvollen Texte ein wenig Auflockerung erfahren haben, ohne in allzuviel Klamauk zu ersaufen.Eine gelungene Produktion, in der nicht nur Sprach- und sonstiger Heimatschutz auf's Korn genommen wird.
„Zwei Nobelpreisträger – ein „universitäten professor kapazität“ und ein „groß deutschen und inder national kunstler“ – demonstrieren ihre Überlegenheit und beweihräuchern humorvoll ihre Allwissenheit. Ihr intellektueller Humanismus wird zur Fassade der eigenen Machtgeilheit.“ Keine schlechte Zusammenfassung. Soll als Inhaltsangabe stehen bleiben.
Im übrigen möchte man sich in einer Besprechung ohnehin nur durch die Werke zitieren - „ich dir zitieren einen gedichten ich sein sprachenkunstler, sprachenkunstler ich dir zitieren einen goethen“ - und da kann man auch gleich den Stream (nochmals) anschauen. Das Mann-Frau-Ding – also die naturgegebene Überlegenheit des ersteren über zweitere – kommt in Worten, Gesten und Blicken zum Tragen. Neben Sprach- und Hochkulturkritik bei Jandl umfasst die Botschaft Naumanns ja meisterhafte Kritik an noch längst nicht überkommenen Stereotypen, wie dem zum Verstummen bringen weiblicher Rede. Ein ganzer Kosmos in einer Stunde sieben Minuten. „Ich bin mit meinem Latnein am Ende.“ Bravo an Anna Adensamer, Elisabeth Breckner, Sofie Gross, Torsten Hermentin, Alexander Lughofer, Erin McMahon, Jutta Onrednik, Julienne Pfeil und Verena Pircher.