asdf
 

Damen-Fressen politisch korrekt

THEATERACHSE / NESTORY

05/07/19 Die theaterachse ist mit zwei Nestroy-Einaktern auf Achse im Off Theater und brilliert mit der bissigen Gesellschafts-Satire Frühere Verhältnisse und der hellsichtigen Groteske Häuptling Abendwind von Johann Nestroy: Spritzige Kleinbühnen-Shows im Off-Theater.

Von Erhard Petzel

Nestroys letzte Stücke, in seinem Todesjahr kurz hintereinander uraufgeführt, ergeben als Einakter einen ausführlichen Theaterabend, an dem die Zäsur der Pause keine lästige Unterbrechung des Handlungsflusses verursacht. Während Frühere Verhältnisse das gewohnte Personal des Wiener Volksstückes bereithält und das Publikum damit in ein historisches Umfeld versetzt, wird die Gesellschafts-Satire von Häuptling Abendwind in ihrer absurden Parodie durch die Umgebung eines fiktiven Menschenfresser-Klischees bedient.

Die theaterachse verlässt mit Kostüm und Bühne den gewohnten Rahmen keineswegs und arbeitet akribisch mit Nestroys Sprachkunst. Aktualisierungen erfolgen geschickt und werden durch das politische Geschehen der jüngsten Vergangenheit zu aufgelegten Elfmetern.

So zeigt sich schon in den Früheren Verhältnissen die Anlage des Ibiza-Videos zur Zitaten-Schleuder für künftige geflügelte Worte. Häuptling Abendwind kommt in seiner Publikumszuwendung gegendert daher. Für das Happy End wird der weiße Bär gestrichen und Soja zur wortspielerischen Quelle des frisierten Heils (im Stück wollen die Männer ja wechselseitig die Gemahlinnen verzehren, und das geht echt nicht). Musikalisch zeichnet Mathias Schuh verantwortlich, dem auch die Regie für Frühere Verhältnisse obliegt. Die Couplets ertönen in heute gebräuchlichen Klangmustern, die junge Salzburger Pianistin Sophia Schuh gibt melodramatische Hintergründe und zitiert Klassisches.

Das Ensemble besticht durch frisches Spiel und differenzierte Sprache. Thomas Hofer gibt seinem Herrn Scheitermann einen virtuosen Dreh in seiner hektischen Verlegenheit, seine Herkunft vor der angeheirateten Professorentochter (nett blasiert Karoline Schragen) auch dann noch zu verbergen, wenn er akkurat seinen ehemaligen Herrn, den heruntergekommenen Muffl, als Hausknecht anstellt. Luke Bischof spielt die Paraderolle Nestroys, das larmoyante Schlitzohr, das Gott und die Welt für seine eigene Unzulänglichkeit verklagt und in seiner ehemaligen Geliebten Peppi Amsel (verführerisch und intrigant Janna Ambrosy) seine neue Herrschaft vermeint. Ein Reigen von Sein und Schein, eines so unerheblich wie das andere, mit der glücklichen Lösung durch Versorgungsposten. So halt, wie wir es als gelernte Österreicher noch heute gewohnt sind.

Mathias Schuh schlüpft in die Rolle Biberhahns des Heftigen, der sich beinahe seinen in Europa erzogenen Sohn einverleibt hätte, so der beim Arbeitsessen mit dem sanften Häuptling Abendwind tatsächlich zubereitet worden wäre. Zu dessen Glück kann der versierte Frisör den Haushalt des Häuptlings durch seine Kunst korrumpieren und so sein Leben retten. Das glückliche Ende steht nicht wirklich im Einklang mit der Gefährdung der Welt der Wilden durch die Begehrlichkeiten der Zivilisierten. Immer wieder verstört die Klarsicht, mit der 1862 Machtverhältnisse auf den Punkt gebracht wurden. Hier zeichnet für die Regie Doris Harders.

Die theaterachse arbeitet mit sparsamsten Mitteln und muss bei Rollen und Ausstattung reduzieren. Gerade darin liegt aber der Reiz ihrer Produktionen, die für die kleine Bühne des OffTheaters perfekt angepasst sind. Wer pures Theatervergnügen sucht, wird es hier finden. Stürmischer Beifall für stürmisches Theater.

Weitere Aufführungen im Off Theater von heute Freitag (5.7.) bis Sonntag (7.7.) jeweils um 19.30 im Off Theater – www.theaterachse.com – www.off.theater 
Bilder: Theaterachse /Mathias Schuh (1); Doris Harder (2)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014