Amore und felicitá
LANDESTHEATER / VIEL LÄRM UM NICHTS
19/03/18 Vielleicht sollte man einige aus dem Ensemble des Salzburger Landestheaters zum European Song Contest schicken. Sie täten dort keine schlechte Figur machen. Wie wir auf die Idee kommen? Andreas Gergen verordnet Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ viel, viel, viel Musik.
Von Reinhard Kriechbaum
Überhaupt versteigt man sich in einem Programmheftbeitrag zur Behauptung, Shakespeare könne „mit einigem Fug und Recht“ als „der Begründer des englischen Musiktheaters“ angesehen werden. Ein Musicalfan und ausgewiesener Spezialist in diesem Genre, der Andreas Gergen ja ist, darf schon auf diese Idee kommen. Das Premierenpublikum hat ihm am Samstag (17.3.) die Zustimmung nicht versagt zu einem Musik-Sammelsurium vorwiegend aus der Welt des Schlagers, in dem sich andauernd amore auf felicitá reimt. Sogar Verdis „La donna e mobile“ wird einmal recht witzig paraphrasiert. Wer also einen heiteren Musikabend anstrebt, darf sich diesmal sehr willkommen fühlen im Landestheater.
Shakespeare-Stoffe sind oft Musical-Plots verwendet worden. Und Schauspieler im Elisabethanischen Zeitalter waren natürlich auch in der Musik firm. So wie in dieser Aufführung Georg Clementi, der als Gitarrist, Sänger und Schauspieler (in Nebenrollen) mit einer Cellistin die Musik in Gang hält. Das ganze Ensemble macht die Chor-Refrains der Schnulzen. Axel Meinhardt, den Vater bzw. Onkel der zu verheiratenden jungen Damen spielt, kann auch Saxophon spielen. Das alles hat Schwung und nicht wenig Qualität.
Shakespeare hat es zwischen so viel Musik nicht wirklich leicht, erweist sich aber als widerstandsfähig. Die Handlung selbst greift der Regisseur ja nicht an, auch wenn er die Story im Cosa-nostra-Milieu ansiedelt. Coole Typen mit Sonnenbrillen tauchen da auf im Dorf. Gottseidank nimmt man auch Berufsschurken Liebesgefühle ab. Caudio (Hanno Waldner) schwärmt also für Hero (Nikola Rudle), wogegen sich Beatrice (Sophie Berner) und Benedict (Sascha Oskar Weis) Wortgefechte liefern und sich ihre Ur-Sympathie partout nicht eingestehen wollen. Die Intrigen lässt Andreas Gergen lustvoll ausspielen. Benedict verbirgt sich im Neptun-Brunnen, wenn er vermeintlich geheim das mithört, was ohnedies nur für seine Ohren bestimmt ist. Echte Gerüchte hört man auch mit dem Kopf unter Wasser.
Der Tiefsinn ist nicht beheimatet in dieser Umsetzung von „Viel Lärm um nichts“. Das liegt auch daran, dass Sophie Berner wohl ihrer Gesangsfähigkeiten wegen gecastet worden ist. Was sie als Beatrice zu sagen hat – im Schlagabtausch mit Benedikt nämlich – kommt schon sehr gestelzt daher. Sascha Oskar Weis, als eigenwillige Mischung aus Mafia-Bursche und Dandy, ist sprachlich schon ein anderes Kaliber.
„Der Mensch ist ein wandelbares Geschöpf, und damit ist's gut.“ Den Satz aus Benedikts Mund hat man als so wichtig erachtet, dass er gleich auf der ersten Programmheftseite vorkommt. Mit den wandelbaren Geschöpfen ist man im Landestheater nicht so wirklich gesegnet. Von Marco Dott (Don Pedro) über Tim Oberließen (Don Juan), Axel Meinhardt (Leonato) bis Georg Clementi (in vielen Rollen) hat man den Eindruck, dass sie alle irgendwie ganz sie selbst (und sich selbst überlassen) sind auf dieser Shakespeare-Bühne. Eh gute Typen, einer wie der andere. Aber ein Schauspiel aus einem Guss ist das nicht. Viel zum Lachen allemal, also ein programmierter Publikumserfolg.