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Ein begnadeter Galgenhumorist

KABARETT / MOTZART / MICHAEL SIEBER

04/02/18 Es lässt sich schon gut lachen über den Bäckermeister Häbele, der vor versammelter Belegschaft in Leiblingen die Wirtschaftswelt darlegt. Aber wir sollten vorsichtig sein, denn: „Wenn's schon in Leiblingen angekommen ist, dann ist Salzburg auch nicht mehr weit.“

Von Reinhard Kriechbaum

Jedenfalls ist jetzt einmal Christoph Sieber angekommen, am Freitag (2.2.) beim MotzArt Kabarettfestival in der ARGEkultur. Es war nicht nur die Premiere seines Programms „Hoffnungslos optimistisch“, es war überhaupt der erste Auftritt Siebers in Salzburg.

„Ein Deutscher ist da, um Ihnen die Welt zu erklären … ein Highlight für Österreicher ...“ Aber selbst Sieber muss einräumen: In seinem Land hat es die AfD erst ins Parlament gebracht, wir haben die Rechten schon in der Regierung. Stolz können wir sein auf uns.

„Kabarett ist schön, es muss ja keine Konsequenzen haben“, sagt Sieber, der aber dann doch sehr gezielt drauf hinarbeitet, mit wenigen Drehungen an der Denk-Schraube sein Publikum vom schnellen Lachen in beinahe depressive Nachdenklichkeit zu stürzen. Oder auch umgekehrt: Da postuliert er Sätze, die in einem mahnenden Zeitungs-Leitartikel stehen könnten und wendet die Sache unversehens so ins Skurrile, dass man über die bittere Wahrheit nun wirklich nur noch lachen kann.

Als einen „Galgenhumoristen“ hat ihn eine große deutsche Zeitung einmal beschrieben. Der Galgenhumor ist sein Trick. Das Smarthome beschreibt er mit ironischer Leichtigkeit: „Der Herd kommuniziert mit dem Kühlschrank … was reden die eigentlich miteinander?“ Aber gleich landet er bei den Algorithmen und der Gefahr, wie solche uns in unsere Wahrnehmung einschränken. Dann ist es gleich entschieden weniger lustig. „Wir werden durch Algorithmen die Welt nicht besser verstehen, sondern uns nur gründlicher irren.“

Es ist nicht schwer, gesellschaftliche Schieflagen aufzuspüren. Sieber ist ein genauer Beobachter und ein unangenehmer Analytiker. Seine dann locker und flauschig entworfenen Szenarien, die in Abgründe führen, sind immer nur ein konsequentes Weiterdenken unseres Alltags. Freilich, wenn der Bäckermeister Häbele aus Leiblingen sagt, seine Firma sei „too big to fail“, dann kann man noch gut drüber lachen.

Christoph Sieber war früher Clown und Puppenspieler, jetzt zieht er nicht mehr an den Fäden der Marionetten. Er hat es auf die großen Strippenzieher abgesehen, auf die Fädenzieher im Hintergrund. Auf jene Leute, die in es sich in den oberen Gefilden von Politik und Wirtschaft eingerichtet haben und ihre Strategien entwickeln über der schlichten Tatsache: „Die Realität spielt keine Rolle, die kommt nicht gut an.“ Eben deshalb vergeht einem bei Sieber, der seinen bitterbösen Schalk so gezielt auf der Lebenswirklichkeit aufsetzt, das Lachen bei jedem dritten Satz: Genau so muss Kabarett sein, „hoffnungslos optimistisch“ eben.

Das MotzArt Kabarettfestival ist am Samstag (3.2.) mit Altmeister Sigi Zimmerschied zu Ende gegangen, mit seinem subversiven Programm „Der siebte Tag - Ein Erschöpfungsbericht“. Langstrecken-Besucher von MotzArt werden im Verlauf dieser Woche die unangenehme Einsicht mitgenommen haben, dass Kabarettisten schon lange nicht mehr so viel zu tun hatten wie heutzutage.

Bilder: ARGEkultur / Michael Grössinger

 

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