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Knallhart verrissen, überschwänglich gefeiert

ARGE KULTUR / ERSTES ÖSTERREICHISCHES GUTMENSCHENTHEATER

18/05/17 Gegen ihre Abschaffung stemmen sich vier Schauspieler im „Ersten österreichischen Gutmenschentheater“ des Cabarets Dada de Salzbourg. In skurrilen Szenen lüften sie dabei genüsslich intime Geheimnisse der eigenen Zunft und geben selbstironische Einblicke in die ach so zerbrechliche Künstlerseele. Premiere war am Mittwoch (17.5.) im ARGEstudio.

Von Christoph Pichler

Bevor sich Sophie Hichert, Katharina Pizzera, Stephan Lewetz und Volker Wahl allerdings den Eitelkeiten und Eigenheiten ihrer Branche widmen, nehmen sie erst einmal das Publikum im Studio der ARGEkultur kritisch in Augenschein. „Was soll das denn für ein Stück sein, was die da stoisch auf ihren Stühlen sitzend aufführen?“, fragen sie sich, während sie stoisch auf vier Stühlen sitzend den Zuschauerraum mustern. Wohl alles Laien statt echter Schauspieler, denn wer könne sich die heutzutage schon leisten. Vermutlich einer dieser ominösen Chöre, was auch immer das sein soll. So eine Performance, bei der niemand weiß, wann sie wirklich beginnt oder endet. Wäre jedenfalls besser als eine dieser Publikumsbeschimpfungen, bei der man sein Geld gleich wieder zurückverlangen müsste.

Wie diese köstliche Anfangsszene entstanden sein könnte, zeigt das Quartett gleich im Anschluss. Denn vier Stühle auf der Bühne zu verteilen und darauf Platz zu nehmen, ist eine durchaus diffizile Angelegenheit – zumindest wenn dabei sich vier Schauspieler künstlerisch entfalten und einen einprägsamen Auftritt hinlegen wollen. Im Zweifel muss halt der Kollege zur Anregung einen inspirierenden Ton anbieten.

Was die Schauspieler dabei im Innersten antreibt und welches Publikum sie sich eigentlich wünschen, offenbaren sie gleich in der nächsten Szene. Da wäre etwa der Typ Bianca, der für das Theater brennt und vor allem das Publikum entzünden möchte – wobei notfalls auch die Kleider reichen würden. Oder der Theaterhandwerker Gottlieb, dessen Konzentration im Streben nach Katharsis insbesondere von unverschämten Hüstlern gestört wird. Allerdings reicht auch schon ein nicht schnell genug vorgetragenes Übereinanderschlagen der Beine, um ihn zur Weißglut zu bringen. Als weinerliche Weltverbesserungs-Idealistin präsentiert sich dagegen das Modell Helga, während einer wie Reinhard vor allem im Scheinwerferlicht stehen und beachtet werden will.

So gräbt sich das Stück Szene für Szene tiefer vor in die Sehnsüchte und Abgründe, die sich hinter den Theaterkulissen auftun. Da wird eine Premierenfeier besucht, auf der so lange Jagd auf Intendanten gemacht wird, bis sie platzt. Werden Kollegen erst knallhart verrissen und dann überschwänglich gefeiert. Wird im Vorzimmer eines Castings mit Gehässigkeiten und Sticheleien um eine kleine Rolle gekämpft. Nichts für schwache Herzen ist auch das Vorsprechen einer jungen Dame, die neben klassischer Nacktheit nur zeitgenössisches Katzenerschlagen im Angebot hat.

„Einen Abend gegen die eigene Abschaffung – grotesk, absurd und ganz, ganz gut gemeint“ verspricht schon der Untertitel des von Regisseurin Bernadette Heidegger und ihrem Schauspielteam erarbeiteten Stücks. Dabei stützen sie sich nicht nur auf kluge Texte von Theaterintellektuellen wie Peter Handke, Christoph Schlingensief oder Max Reinhardt, die clever in das überspannte Alltagsgeplapper der Schauspieler eingewoben sind, sondern auch auf musikalische Zwischenspiele, bei denen das Quartett, von Benjamin Baierlein am Piano unterstützt, seine Gesangskünste unter Beweis stellen darf.

Über sich selbst ernsthaft lachen zu können und es zu ertragen, wenn andere ins spöttische Gelächter einstimmen, ist eine menschliche Qualität, die nicht nur Schauspielern mehr als gut steht. Mit seinen selbstironischen Selbstreflexionen nimmt das „Erste österreichische Gutmenschentheater“ die eigene Wichtigtuerei gehörig auf die Schippe und unterhält damit das Publikum auf ebenso clevere wie köstliche Weise. Ein wunderbar amüsanter Abend für alle, die das Theater lieben und ernst nehmen, ohne es zu ernst zu nehmen.

Erstes österreichisches Gutmenschentheater – weitere Termine 22. Mai (11 Uhr und 19.30) und 23. Mai im ARGEstudio der –
Bilder: ARGEkultur/Andreas Hechenberger

 

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