Der Revoluzzer aus dem Neunzehnten
ARGEkultur / MOTZART / HEILBUTT&ROSEN
01/02/17 Sie steht ihm schon echt gut, die Revoluzzer-Mütze des Che. Und der Pianist schaut auch nach wild entschlossenem Umstürzler aus mit seinem aufgeklebten Fidel-Castro-Bart. Aber da meldet sich auch schon die energische Stimme aus dem Off: „Jetzt nehmen sie sofort diese blöde Mütze ab!“
Von Reinhard Kriechbaum
Es kann also der flotteste Wiener aus dem 19. Bezirk, dem noblen Döbling, keine Revolution anzetteln, wenn es der bösen Anstalts-Psychiaterin nicht gefällt. Die ist ungefähr gleich schlimm wie die Mutter des Döblinger Che Guevara. Die dauergewellte Dame lernen wir an diesem Abend auch kennen. Wer sich ihr Sohn nennen muss, hat wahrlich Grund zum Revoluzzen...
Wir dürfen also in die gar empfindsame Seele des Che GueVavra schauen: Heilbutt&Rosen waren da, am Dienstag (31.1.), dem dritten Tag des Festivals MotzArt in der ARGEkultur. Nicht in Vollversion, sondern in Gestalt des Gründers Helmuth Vavra und des Pianisten Berthold Foeger.
Nicht, dass es unserem „CheGueVavra“ aus dem Neunzehnten an Missionseifer mangelte. In seiner Jugend ist er manchmal sogar aufgebrochen, gleich zwei Stadtbezirke weiter in den Süden, nach Ottakring etwa. Also in echte Schwellenländer, wo man echte Dritte Welt-Luft schnuppern kann, weil „wir sind eher die Shrimps-Partie“. Mehr ins Stadtinnere hätte die Sache auch nicht funktioniert, weil dort ist ja das Reich der Bobos. „Sie denken nur Gutes, reden nur Gutes, kaufen nur Gutes“, singt Helmut Vavra über die „Spittelberg-Veganer“. A propos Veganer: Davon kommt im Teil nach der Pause mehr, denn bei den Ernährungs- und Trinkgewohnheiten eines Möchtegern-Umstürzlers von diesem Format geht’s ans Eingemachte: „Als Wiener musst du permanent blad und fett sein.“ Da reimt sich eben zwangsläufig narrisch auf vegetarisch, auch wenn CheGueVavra schließlich singen muss: „Niere mit Stein, / du ganz allein / hast mir die Nacht verdorben.“ Böse Erkenntnis: „Wenn die Versicherung net will, nutzt des gar nichts.“ Also: „Was soll wieder gut werden? Ich bin fünfzig und Kabarettist!“
Gottseidank erst fünfzig. Da ist es ja noch eine Weile hin bis zum echten Lebensbeginn à la Udo Jürgens. Heilbutt&Rosen ist sowieso der beste Beweis, dass das gute alte Musikkabarett noch nicht ausgestorben, ja nicht einmal scheintot ist. Wo lachte es sich besser als bei Helmut Vavra und seinen grandiosen Chansoneinlagen: „Ich war noch nie in Hollabrunn, nie in Stockerau, nie in Klosterneuburg in zerrissenen Jeans...“ Udo, schau oba!