Geigen um zu gewinnen
INTERNATIONALER MOZARTWETTBEWERB / FINALKONZERT
08/02/16 Sternstunde? Mozartsternstunde? Im langsamen Satz jeder Ton ein kleiner Sonnenaufgang, jedes Leiser-Werden, ein Intensiver-Werden. Das Rondeau ein brillantes Gefecht mit dem Orchester. Man sah die Janitscharen auf- und den Solisten – den 24 Jahre alten Thomas Reif – unter größtem Jubel abmarschieren. Gewonnen hat Ziyu He.
Von Heidemarie Klabacher
In der Interpretation des späteren Preisträgers – des 16 Jahre alten Ziyu He – haben in der virtuosen Kadenz zum ersten Satz oder im ebenso eigenwillig wie virtuos phrasierten Rondeau etliche Augenblicke wirklich aufhorchen lassen.
Der 1999 in Qingdao geborene Chinese ist seit 2011 am Mozarteum. Man hat ihn in Salzburg gelegentlich schon gehört. Etwa, als der Bub dem damaligen Mozarteums-Rektor zum Geburtstags ein „Ständchen“ brachte, eine Paganini-Caprice, die man noch immer in Erinnerung hat wegen ihrer staunenswert musikantischen, bei aller Virtuosität geradezu „sängerischen“ Phrasierung.
Das Spannende an einem Wettbewerb ist vermutlich das, was das breitere Publikum nicht mitbekommt: Auftreten und Persönlichkeit der jeweiligen Kandidaten in den Ausscheidungsrunden - und das, was die Jury bei ihrer Entscheidungsfindung schließlich bewegt.
Dass der dritte Preis des „Internationalen Mozartwettbewerbs Salzburg 2016“ an Benjamin Marquise Gilmore gehen würde, war klar. Hier wäre eher interessant zu erfahren, warum kein zwingenderer Kandidat ins Finale gekommen ist, wenn das Niveau aller Anwärter diesmal schon so „sensationell hoch wie noch nie“ gewesen sei, wie Rektor Siegfried Mauser betonte.
Von der bestenfalls sauberen Interpretation des knapp Dreißigjährigen dritten Preisträgers sind die mehr exekutierten als musizierten Doppelgriffe in der Kadenz zum Adagio in Erinnerung geblieben, oder der gleich bleibend solide, aber immer gleich klingende Ton in den Themen-Wiederholungen und Variationen des Rondeau.
Die Rede ist von Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für Violine und Orchester A-Dur KV 219, das alle drei Finalisten zur Diskussion gestellt haben: eine so spannende wie reizvolle Erfahrung, drei doch grundverschiedene Interpretationen hintereinander zu hören. Gespielt hat das Symphonieorchester Vorarlberg unter der Leitung von Gérard Korsten, das zu den beiden inspirierten Solo-Partien jeweils auch eine inspirierte Orchester-Partie beigetragen hat. Selten bekommt man ja so, im direkten Vergleichen, mit, wie sehr ein solches Musizieren wechselseitiges Geben und Nehmen ist. Wenn nix kommt, kommt nix.
Auch Zeitgenössisches wurde in einem eigenen Bewerb bewertet. Das Stück, das alle Kandidaten spielen haben müssen, ist ein Auftragswerk des Mozartwettbewerb 2016. Der Erste Preisträger Ziyu He hat auch den Sonderpreis für die beste Interpretation des schwungvollen Stücks „toitoitoi“ des inzwischen 93 Jahre jungen Gerhard Wimberger erhalten.
Der Internationale Mozartwettbewerb der Universität Mozarteum findet seit 1975 statt, seit 2014 in einem festen Zwei‐Jahres‐Rhythmus in den Sparten Klavier/Violine bzw. Gesang/Streichquartett. Die drei Preise sind mit 10.000, 7.000 und 4.000 Euro dotiert. Dazu stiften Bärenreiter Verlag und Stiftung Mozarteum je eine Mozart-Gesamtausgabe.
150 Anmeldungen hat es heuer gegeben, davon wurden in der Sparte Violine 28 Teilnehmer (18 Männer, zehn Frauen) aus 16 Ländern zugelassen. Sieben Kandidaten kamen von der Universität Mozarteum. Jüngste Kandidatin war die sechzehnjährige Deutsche Geigerin Eliane Caroline Menzel (der Zweitjüngste hat schließlich gewonnen). Älteste Kandidatin war die dreißigjährige Polin Agata Raatz. In der Sparte Klavier wurden 25 Kandidaten aus zwölf Ländern zugelassen. Die Auswahlrunden finden dieser Tage statt.