Nacht, Träume, Oper
UNIVERSITÄT MOZARTEUM / KURZOPERN
23/11/18 Zwei Kurzopern von Studierenden des Komponisten Reinhard Febel am Mozarteum gab es am Donnerstag (22.11.) im Theater im Kunstquartier, eingeleitet mit Musik der Renaissance und des frühen Barock. Eindrucksvolle, ja bewegende Beispiel für die Lebendigkeit der Kunstform Oper. Leider nur in einer einzigen Aufführung.
Von Gottfried Franz Kasparek
Andreas Bäuml und Katrin Klose, beide noch keine Dreißig, haben keine intellektuellen Rätselspiele geschrieben, sondern dramatische Szenen, die Geschichten erzählen. In Bäumls Daphne’s Dream auf einen hochpoetischen englischen Text der Sängerin und Dichterin Sophia Stern geht es, in freier Anverwandlung des antiken Mythos, um ein mutterloses Mädchen, welches seine ersten Regelblutungen erlebt und sich verwandelt fühlt. Nicht unbedingt in einen Baum, sondern in eine junge Frau, die von der Liebe träumt und den Mond liebt. Und einsam ist.
Das Wunderbare an dieser Szene ist, dass Daphne tatsächlich singt, was im heutigen Musiktheater ja nicht immer der Fall ist. Sie singt, expressiv und arios, begleitet von freitonalen, die Gefühle pointiert nachzeichnenden Klängen. Im Mittelpunkt steht die Schönheit und Ausdruckskraft der Stimme. Electra Lochhead singt mit lyrischer Emphase und klarem Sopran und spielt bewegend natürlich.
Regisseur Richard Glöckner hat ein Bett auf die Bühne gestellt und sonst gar nichts und das genügt. Natürlich denkt man an Opernmonologe wie Schönbergs Erwartung, aber Bäumls Partitur hat eigenen, sehr transparenten Reiz.
Diese Klarheit und Transparenz, aber auch große Gefühle kann das hinter der Spielfläche sitzende ÖENM mit Perfektion und spürbarer Anteilnahme wiedergeben, perfekt geleitet von Alexander Drcar. Auch Katrin Kloses mehr melodramatische Nachtsonne in acht Szenen ist für ein solistisches Kammerensemble durchaus „modern“, aber klangsinnlich komponiert, erreicht jedoch gegen Ende die Dimensionen großen emotionalen Theaters.
Eindringlich wirken die rhythmisch fokussierten, mitunter nahezu swingenden Sequenzen, in denen Gitarre und Akkordeon den Ton angeben. Patrick Lutz hat mit Feingefühl inszeniert und wieder ist das Bett im Zentrum. Es steht allerdings nun im Spital und darin krümmt sich ein Mann, der seine Frau im wilden Wasser sterben hat lassen und nur sich selbst gerettet hat. Der präzise Bariton Jakob Mitterrutzner muss im Text, der von der Komponistin stammt, zwischen gequälten Aufschreien und seltsam formelhaften Wetterbeobachtungen wechseln.
Das Spitalszimmer wandelt sich in einen mystischen Raum, in dem die bloß sprechende Ärztin – geradezu das Bild einer jungen Turnusärztin: Sophia Fischbacher – immer mehr zum Todesengel wird und die Mezzosopranistin Franziska Weber, eine echte Spielbegabung, als ziemlich realistische Traumerscheinung der toten Frau eine unerbittlich Liebende darstellt.
Nacht und Träume ist das Motto des Projekts und die flötenden Nachtigallen des Jakob van Eyck François Couperin und Jean Baptiste Lully, betörend gespielt von der Blockflötistin Manuela Maria Mitterer, leiten immer atmosphärisch die Opern ein. Liebeslieder von Tobias Hume, Monteverdi, Cesti und Sartorio singt Maria Ladurner mit heller Glockenstimme. Das „Ensemble Tolmetes“ mit barocken Instrumenten sorgt für poesievolle Stimmungen. Am Ende berechtigter Jubel – um Wiederholung wird gebeten.
Bilder: UniMoz/Andreas Bäuml; Katrin Klose (1)