Dreizehn Promis und vierzehn Todesfälle
LANDESTHEATER / BALLETT / FOREVER 27
05/05/17 Jimi Hendrix, und um ihn herum die Blumenkinder seiner Zeit. Emphase und Freizügigkeit. Aber da ist er wieder, „The Devil's Brother“! Plötzlich mengt er sich ein in die Gruppe der Ausgelassenen. Und so wie zwölf weitere Mal an dem Abend wird er plötzlich allein sein mit dem jungen Popstar...
Von Reinhard Kriechbaum
Bald hat das Salzburger Landestheater ein neues Probenhaus in Aigen. Die Rainberghalle in der Riedenburg wird aufgegeben. Mit dem Ballett „Forever 27“ verabschiedet man sich von dem Spielort im Felsen.
Die magische Zahl 27: Genau in diesem juvenilen Alter starb eine ganze Reihe von Popstars, vom „King des Delta Blues“ Robert Johnson (+1938) bis zum Jazztrompeter Richard Turner und der Soul-Sängerin Amy Winehouse (beide +2011). „Dreißig haben wir gefunden, dreizehn ausgewählt“, sagt der Salzburger Ballettchef und Choreograph des anregenden Abends, Peter Breuer. Vor der Premiere am Donnerstag (4.5.) hat er sie gleich mal aufgezählt, die Künstlerinnen und Künstler, und auf welche Weise sie jeweils jung zu Tode gekommen sind. Gary Than, den Bassisten von Uriah Heep, hat es 1975 bei einem Betriebsunfall erwischt: Lichtbogen zwischen E-Gitarre und Mikro. Sehr stilvoll.
Schöne Raubersg'schichten sind dabei. Könnte nämlich leicht sein, dass Kurt Cobain – Schuss Heroin plus Schuss in den eigenen Kopf – seine Ehefrau mit einer Bandkollegin eifersüchtig machte. Jedenfalls wurde Kristen Pfaff, Bassistin der Grungebands Hole und Nirvana, in der Badewanne tot aufgefunden. Drogen oder Eifersuchtsmord? An Verschwörungstheorien fehlt es nicht in der Runde der im Alter von 27 Jahren Umgekommenen.
Viel kräftige Musik und höchst charismatische Figuren fügen sich fast wie von selbst zu einem illustren Nummernballett. Janis Joplin, Jim Morrison, Maria Serrana (Passion Fruit), Mia Zapata (The Gits)... in Summe dreizehn Promis, aber vierzehn Todesfälle, weil der mexikanische „Gangsta-Rap“-Sänger Valentino Elizalade quasi außer Konkurrenz ins Jenseits befördert wird. Drei Schüsse aus des Teufels Bruders Revolver (in Wirklichkeit sorgte das mexikanische Drogenkartell für sein Fortkommen von dieser Welt).
Was für Futter für Peter Breuers Compagnie, die immerhin fünfzehn Hauptrollen zu gestalten hat, bei siebzehn Protagonisten. Der allgegenwärtige Josef Vesely als „The Devil's Brother sorgt für den Abtransport durch eine von dreizehn Türen im Hintergrund. Nicht immer kann man ihn mit Fug und Recht des Mordes bezichtigen. Im Fall von Richard Turner, der beim Schwimmer einen Herzinfarkt erlitten hat, kommt der Höllengenosse sogar mit einem Schwimmreifen angetanzt. Er überlegt sich's aber wieder. Höchstens unterlassene Hilfeleistung also. Öfters mal teilt er Joints aus oder setzt Injektionen. Den für Amy Winehouse tödlichen Pas de Deux wird man ihm aber auch nicht ankreiden können: Mancher Todesteufel saß schon in der Seele der jungen Stars selbst.
Ein toller, temperamentvoll, tänzerisch perfekter, mithin unbedingt sehenswerter Abend. Man wüsste gar nicht wo anfangen mit dem Aufzählen ambitionierter Solo-Leistungen. Und jedenfalls eine Makabritäten-Schau, die ganz wunderbar hineinpasst in den Felsenspielort, den das Landestheater gut ein Vierteljahrhundert für Proben und bald auch für Aufführungen genutzt hat. Adieu.