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Zwischen Seifenoper und Seelendrama

REST DER WELT / BRÜSSEL / MACBETH

28/06/10 Krzysztof Warlikowski und Paul Daniel deuten Verdis Werk an der Brüsseler Monnaie-Oper: eine intensive, kluge Aufführung.

Von Jörn Florian Fuchs

altAm Ende siecht der Feldherr als Rollstuhl-Krüppel vor sich hin, die Lady ist in Unehren ergraut und überhaupt herrscht allüberall nur Tod und Verzweiflung. Vorher wurde fleißig gemordet, wobei die zahlreichen Gewalttaten vorwiegend subkutan geschahen – und eben darum unter die Haut gingen. Krzysztof Warlikowskis Macbeth-Inszenierung changiert zwischen böser Seifenoper und intensivem Seelendrama, mal überwiegt die eine, mal die andere Ebene. Hauptspielort ist ein Bettenlager irgendwo in Afghanistan oder Irak oder sonst wo in unserer Zeit. Dort herrscht immerwährender Kriegszustand nach innen wie nach außen, zur Ablenkung hält man(n) sich altallerdings Transvestiten als Schoßhündchen und Dienstpersonal. Dazu flimmern Seifenopern in Schwarz/weiß von diversen Flatscreens – ein Zeichen sowohl für realen Eskapismus wie jene irrealen Traumwelten, in die Warlikowski seine Figuren immer wieder schickt.

Äußerst präzise wird der (endgültige) Verfall dieser auf engstem Raum zusammengeschweißten Gesellschaft geschildert, öfters bevölkern Kindersoldaten die Szenerie, ein Junge sitzt im Rollstuhl und wird für Macbeth zum grauenhaften Menetekel. Die Klugheit der Inszenierung liegt vor allem in ihrer ebenso komplexen wie dennoch klaren, prägnanten Bildsprache. Der mythische Gewaltkern der Handlung tritt deutlich zu Tage, zugleich wirkt alles sehr heutig, ohne freilich in nahe liegende altPlattitüden abzudriften. Die Chöre hat Warlikowski konsequent in die Ränge der Monnaie verbannt, was musikalisch zu wunderbaren Raumklangeffekten führt und szenisch auch manches Problem löst.

Paul Daniel animierte das Brüsseler Opernorchester zu kantigem, expressivem Spiel, Scott Hendricks sang den zerrissenen Titelhelden mit kernigem Bariton, Iano Tamar gab die Lady mit düsterem vokalen Glühen, sehr überzeugend auch Carlo Colombara als Banco, Andrew Richards als Macduff und vor allem Benjamin Bernheim als Malcolm.

Informationen: www.lamonnaie.be
Bilder: Bernd Uhlig
Nur ein paar Schritte vom Opernhaus La Monnaie entfernt liegt das Brüssler Traditionshotel Metropole: www.metropolehotel.com (Einige Zimmer versprühen einen gewissen Anna-Viebrock-Charme...)

 

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