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Von Bach bis Duke Ellington

REST DER WELT / BADEN-BADEN / NIGEL KENNEDY

28/04/10 Er ist ein Unikat in der Welt der Geiger: Nigel Kennedy bastelt immer wieder an neuen Programmen - und punktet bei denen, die ihn mögen.

Von Wolfgang Stern

altSchon der Auftritt verblüfft: Nach einer Art Schlachtruf zum Gelingen des Abends treten die Musiker auf. Zurzeit ist es das neu gegründete „Orchestra of Life“, Kennedys eigenes Ensemble, als Nachfolger des Polnischen Kammerorchesters, mit dem er lange Zeit zusammen gearbeitet hat. Auch das neue Orchester besteht vorwiegend aus polnischen Musikern.

Der nun 53-jährige Paradiesvogel, der das Programm vollkommen auf den Kopf stellt, ist einfach anders. Rasch gelingt ihm der Kontakt zum Publikum. Er flirtet er mit einer Dame in der ersten Reihe und kommentiert auf seine eigene Weise das Programm, mit Witz, Humor, Charme und weit weg vom Traditionellen. Der ehemalige Schüler von Yehudi Menuhin- und Dorothy De Lay hatte schon manche Wellen als wilder Punkgeiger erlebt, ehe er sich Johann Sebastian Bach oder dem Jazz widmete.

altIm ausverkauften Festspielhaus Baden-Baden konnte man unlängst drei Stunden Musik der anderen Art erleben. Der begnadete Geiger widmete sich Sätzen aus verschiedenen Bach-Violinkonzerten. Er hält sich kaum an Tempovorschriften und an Stil-Übereinkünfte sowieso nicht. Aber gerade das macht den Kennedy-Bach interessant. Der positiv gestimmte Entertainer verblüfft mit seinem technischen Vermögen und seiner exzellenten Bogenführung, man verzeiht ihm den einen oder anderen unreinen Ton, weil er ohnehin alles anders macht. Kennedy ist kein Spießer, er ist Motor für sein Orchester, das ebenso Spass am Musizieren zeigt. Der Allrounder baut Kadenzen ein, die eher orientalisch anmuten. Es gibt solistische Einlagen. Die ebenfalls eingeschobenen zweistimmigen Inventionen, für Geige und Cello transkribiert, zeigen den Star in seiner Farbigkeit. Da ist das steife Ritual eines Konzertabends bald vergessen.

Improvisation ist ein Schwerpunkt des Abends, vor allem im zweiten Teil, wo die Brücke zu Duke Ellington geschlagen wird. Zum Nigel-Kennedy-Quintett kommen noch Orphy Robinson (Marimbaphon und Vibraphon) und Doug Boyle (Gitarre) hinzu, diverse Kombinationen in der Besetzung machen den Abend spannend bis zur letzten Minute. Zuletzt ersetzt Nigel Kennedy seine Guarneri-Geige durch eine E-Violine. „Come Sunday“, „In a Jam“ oder „Harlem Airshaft“ gelingen geradezu himmlisch. Auch der Eigenkomposition „Shhh!“ aus seinem neuen Album muss man wohl Beachtung schenken.

Bilder: Festspielhaus Baden-Baden / Andrea Kremper

 

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