asdf
 

Gitarrenzauber im Ensemble

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / DIE GITARRE

23/01/14 „Franz Schubert und seine Zeit“ als Titel eines Gitarrenabends? Schubert hat praktisch nichts für Gitarre komponiert – dennoch lässt sich mit Transkriptionen ein vergnüglicher und informativer Abend gestalten.

Von Gottfried Franz Kasparek

Matthias Seidel, seit 1980 Gitarrenprofessor am Mozarteum, hat seit sieben Jahren 29 Gitarre-Abende im Solitär betreut, bei freiem Eintritt und mit stets klug und einfallsreich ausgesuchten Programmen. Nun verabschiedete er sich in die Pension und bekam von Rektor von Gutzeit eine nahezu „lebensgroße“ essbare Gitarre aus Brotteig, die im Anschluss an das Konzert fröhlich verspeist wurde. Seidels Konzerte endeten immer mit Speis und Trank, serviert von seiner lieben Gattin Roswitha. Es ist sehr zu hoffen, dass dieses im besten Sinne kulinarische Konzertformat erhalten bleibt – und dass auch der emeritierte, aber mit ewig jungenhaftem Charme ausgestattete Professor Seidel des Öfteren dabei zum Zug kommt. Und wie diesmal mit Wissen, Witz und Weisheit moderiert!

Zunächst bewies der junge israelische Seidel-Schüler Tal Hurwitz mit Schubertlieder-Transkriptionen von Johann Kaspar Mertz und der ersten „Rossiniana“ von Mauro Giuliani, wie mitreißend klassische Solomusik für Gitarre sein kann. Hurwitz ist nicht nur technisch perfekt, sondern vor allem ein einfühlsamer Interpret, der den Geheimnissen Schuberts ebenso liebevoll nachspürt wie italienischem Belcanto-Zauber. Dies gilt auch für die kompetente Begleitung von Schubert-Liedern, bei denen man freilich oft - ganz besonders im „Wanderer“ - die so viel mehr und anders erzählende, originale Klavierbegleitung vermissen darf. Athanasia Zöhrer, sehr weiblich, sang beherzt und mit schön geführtem, lyrischem Sopran eine kleine Blütenlese sehr männlicher Lieder – natürlich ist dies erlaubt und bringt manch eigenwillige Farbe. Dass sie auf Post von einem lieben Liebchen aus der Stadt wartete, war dennoch nicht ganz glaubwürdig.

Zweifellos ist der Solitär ein akustisch wundersamer Ort für das leise Zupfinstrument. Da braucht es keine mehr oder weniger versteckte Verstärkung, um das einzige Gitarrenwerk Schuberts, das Quartetto in G-Dur, ausgewogen zum Klingen zu bringen. Natürlich ist dieses liebenswürdige Stück Biedermeier-Kammermusik eigentlich nicht von Schubert, sondern von seinem böhmischen Zeitgenossen Wenzel Matiegka, einem in Wien lebenden Gitarristen und Kirchenmusiker. Dessen hübsche Serenade für Flöte, Gitarre und Viola hat dem 17jährigen Schubert so gut gefallen, dass er sie mit einem neuen zweiten Trio im Menuett, Eingriffen in den Finalsatz, doch vor allem mit einer einkomponierten, höchst virtuosen Cellostimme versehen hat. Wodurch die gepflegte Salonmusik zumindest im „Lento e patetico“ und im „Zingara-Trio“ – Schuberts einzigem wirklichen Satz „a la zingarese“! – größere Tiefe und mitunter doppelte Böden bekommen hat.

Der abschließende Variationensatz über das damals populäre Lied „Mädchen, o schlumm’re nicht“ ist in Schuberts Version nur fragmentarisch erhalten und bricht in der 5. Variation nach wenigen Takten ab – als Frage an die Zukunft ließ das Ensemble sie diesmal im Raum stehen. Ein hochkarätiges, überaus klangschönes und fein abgestimmtes Ensemble war das, mit Spiritus rector Matthias Seidel an der Gitarre, Ingrid Hasse als Flötistin, Bratscher Thomas Riebl und dem furiosen - den schwersten Part erfüllenden - Cellisten Enrico Bronzi.  - Ein voller Saal, herzlicher Applaus, prächtige Stimmung – ad multos annos, möchte man Matthias Seidel zurufen.

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014