Trauer und Triumph
CAMERATA / LOUIS LANGRÉ / HILARY HAHN
07/10/13 Mit einem wahren Wunschkonzert-Programm eröffnete die Camerata Salzburg am Freitag (4.10.) ihren Konzertzyklus. Chefdirigent Louis Langrée musizierte mit dem Stargast Hilary Hahn. Für Glanz und Gloria war also bestens gesorgt.
Von Paul Kornbeck
Samuel Barbers „Adagio for Strings“, eigentlich der Mittelsatz eines Streichquartetts, wurde in den USA zum „traurigsten klassischen Stück“ gekürt und gilt als Parademusik für vornehmes Totengedenken. Wenig bekannt dürfte sein, dass der Amerikaner Barber die Orchesterversion des Stücks im Sommer 1936 in St. Wolfgang im Salzkammergut geschrieben hat. Dahinter stecken allerdings Vergils Gedanken über Tod und Leben. Wie auch immer, diese balsamische Streichermusik ist ein Wurf, den Langrée mit Würde und ohne überflüssiges Sentiment dahin fließen ließ und den die Camerata fein ziseliert spielte.
Mit vielen feinen Nuancierungen wartete auch Hilary Hahn auf, die Mozarts G-Dur-Violinkonzert KV 216 mit unanfechtbarer Technik, bewundernswerter Präzision und edler Tongebung gestaltete. Mag sein, dass das wundersame Adagio diesmal von einem etwas kühlen Himmel fiel, um Alfred Einsteins berühmtes Zitat abzuwandeln. Das oft überschäumende Temperament, das Langrées Klassik-Interpretationen auszeichnet, war einer sorgfältigen, mitatmenden Begleitung gewichen. Klassisches Ebenmaß herrschte vor.
Nach der Pause war Hilary Hahn ganz in ihrem Element, als sie Ralph Vaughan Williams’ Lerche gen Himmel steigen ließ. „The Lark Ascending“ hat in Großbritannien schon einmal eine Abstimmung über die beste „Inselmusik“ gewonnen – knapp vor Beethovens „Neunter“ und etlichen Popsongs. Was einiges über zum Kontinent sehr unterschiedliche Rezeptionen von Musik im angelsächsischen Raum verrät. Die mitunter spröde, aber auch immer wieder betörende Schönheit dieses melancholischen Violingesangs über diffizilen Klangräumen des Orchesters kam dank Hilary Hahn und eines wiederum perfekt begleitenden Dirigenten aufs Beste zur Geltung. Übrigens sollte nicht nur dieses Stück des englischen Spätromantikers auf mitteleuropäischen Spielplänen auftauchen, sondern so manche andere Kostbarkeit von Vaughan Williams, Holst, Delius, Bax … Die „tonale Moderne“ der Briten wird hierzulande leider weit unter ihrem Wert gehandelt.
Ein so „göttliches“ Stück wie Mozarts „Jupiter-Symphonie“ kann man natürlich nicht zu Tode spielen, man findet immer wieder Neues darin. Louis Langrée drückte von Anfang an aufs Tempo, zog den Kopfsatz kompakt durch, ließ im Andante cantabile die Zügel kaum lockerer und tanzte mit brisantem Schwung durchs Menuett – jedenfalls ist es ein Vergnügen, diesem Vollblutmusikanten beim Modellieren der drängenden Klänge zuzusehen. Die Camerata, nun in schlanker Besetzung, aber wegen der modernen Instrumente lautstark genug, folgte willig. Auf das in krachender Brillanz jubelnde, triumphale Finale folgte als Zugabe noch die „Figaro“-Ouvertüre als wirbelnder Hexenkessel toller Töne. Viel Applaus, was sonst.