asdf
 

Bilderbuchkarriere in einer dunklen Zeit und später

HINTERGRUND / CESAR BRESGEN

18/06/13 Es klingt auf den ersten Blick hin harmlos: eine Festwoche aus Anlass des 100. Geburtstags von Cesar Bresgen. In dem Buch „Die missbrauchte Muse“ von Michael H. Kater, einem Standardwerk über Musik in der Hitlerzeit, trägt Bresgen (1913-1988) freilich eine sehr klare Etikettierung: als „Nazikomponist“ schlechthin.

Von Reinhard Kriechbaum

033Wenn sich also in der bevorstehenden Bresgen-Festwoche (von 21. bis 26. Juni im Schauspielhaus Salzburg) Musikfreunde an der scheinbar so harmlosen, netten Kinderoper „Der Igel als Bräutigam“ erfreuen, sollten sie zumindest mit einem Auge auf die Entstehungszeit schauen. 1948 ist das Werk entstanden. Da waren also jene Jahre noch gar nicht lange vorbei, in denen Cesar Bresgen eine gar vorbildliche Karriere im Dienste des Nazi-Regimes gemacht hatte.

In der Hitlerjugend (Mitglied seit 1934) hat er es bis zum Obergefolgschaftsführer gebracht. Erst war er in München einschlägig tätig, 1939 wurde er in Salzburg Leiter der „Mozartspielschar der Hitlerjugend“. Er behauptete von sich, ein „eifriger Nationalsozialist“ zu sein (freilich einer ohne Ariernachweis). Das taten viele andere auch, um beruflich weiter zu kommen, aber Cesar Bresgen darf man diese politische Einstellung, wenn man seine Kompositionen der Zeit ansieht, getrost glauben. Im Sinne des NS-Regimes schrieb Volksliedbearbeitungen und Lieder für die Hitlerjugend, sogar „neuheidnische“ Weihnachtslieder, NS-Feiermusiken wie Jahreslaufkantaten, die Kantate „Kindelfest“ (die die Geburt eines Kindes auf einem Bauernhof feierte) und dergleichen. Als in Salzburg eine Ausstellung „Deutsche Künstler und die SS“ gezeigt wurde, erhielt Bresgen von der SS den Auftrag für die Komposition einer Bläserfanfare. Während seines Kriegsdienstes 1944 komponierte er eine „Soldaten-Weihnacht“ für Chor und Instrumente.

034All diese Stücke, vor allem auch die vertonten Texte, hat sich der amerikanische Historiker Michael H. Kater für sein oben erwähntes Buch genauer angeschaut. Sein Urteil ist vernichtend: Es habe wenige gegeben, die mit solcher Leidenschaft dem Hitler-Regime Musik zulieferten. Dagegen war Tobias Reiser ein Waisenknabe.

Cesar Bresgens Engagement als Musikproduzent für Hitlerjugend und SS blieb nicht unbedankt: Zuerst beim Reichssender München tätig, kam Bresgen schon als 26jähriger, 1939, als Professor für Komposition ans Mozarteum. Im selben Jahr wurde er zum Leiter der „Musikschule für Jugend und Volk“ am Mozarteum ernannt. Bresgen war bemüht, im Salzburger Raum Spielscharen einzuführen, die von dem ebenfalls 1939 ans Mozarteum geholten Hamburger Fritz Jöde geleitet wurden und für Auftritte bei den HJ-Kulturtagen zur Verfügung standen. Bresgen selbst leitete die „Mozart Spielschar“.

Nach der Schließung des Mozarteums 1944 musste Bresgen aber doch noch in den Krieg. Unmittelbar danach war er zunächst in Mittersill, als Organist und Chorleiter. Dort hat er übrigens den ebenfalls in Mittersill gestrandeten (und im Herbst 1945 von einem Besatzungsoffizier irrtümlich erschossenen) Anton von Webern kennen gelernt. Politisch dürften sich die beiden nicht viel zu sagen gehabt haben.

Organist war Cesar Bresgen schon in ganz jungen Jahren in München gewesen, das erleichterte nun den Schwenk in eine neue, sehr katholische Weltsicht. Bis heute singen Kirchenchöre gerne Bresgens Marien- und Weihnachtsliedsätze. Anfangs hatte Bresgen natürlich ein Berufsverbot am Mozarteum, doch schon 1947 erhielt er auf auf Fürsprache von Carl Orff und Eberhard Preußner bei der US-amerikanischen Militärregierung neuerlich eine Lehrverpflichtung, schließlich ab 1950 abermals eine Professur für Komposition. Zwei Mal hat Bresgen einen Österreichischen Staatspreis bekommen. Ab 1956 lebte Bresgen bis zu seinem Tod 1988 in Großgmain.

Bresgens Kompetenz in Sachen Jugendmusik war natürlich unumstritten, mit seinem Einsatz für den Aufbau eines Jugendmusikschulwerkes – freilich unter klaren ideologischen Prämissen – stand er am Beginn des späteren Landesmusikschulwerks (das aus gutem Grund nicht viel Wind macht um seinen „Gründungsvater“). Speziell um die Salzburger Musikgeschichte hat Bresgen sich mit der „Loferer Passion“ (basierend auf einem alten Lied evangelischer Emigranten) und mit Forschungen über den Mönch von Salzburg verdient gemacht.

Die Bresgen-Festwoche von 21. bis 26. Juni wird maßgeblich vom Kulturkreis Anif mitveranstaltet und von den Kulturellen Sonderprojekten des Landes unterstützt. Im Mittelpunkt stehen drei Aufführungen der Kinderoper „Der Igel als Bräutigam“ (die letzte Produktion dieses Stücks hat der legendäre Albin Reiter in den frühen achtziger Jahren im Musischen Gymnasium gemacht). Es gibt aber auch einen Kammermusikabend und ein „Symphonisches Kammerkonzert“, in dem eines der wichtigsten Werke von Bresgen, der „Totentanz nach Holbein“, aufgeführt wird.

Hoffentlich fällt im eröffnenden Podiumsgespräch „100 Jahre Cesar Bresgen im Blick der Zeitgenossen“ mit Gerhard Wimberger, Graziano Mandozzi und Ernst Ludwig Leitner die politische Perspektive nicht unter den Tisch.

100 Jahre Cesar Bresgen, 21. bis 26. Juni im Schauspielhaus Salzburg. - www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Archiv Doblinger (1); Brigitte Haid (1)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014