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Nacht und Tag

MOZARTEUMORCHESTER / STEPHEN HOUGH

14/01/13 Eine CD kommt heraus, und das schlug sich im Programm der zweiten Sonntagsmatinee des Mozarteumorchesters nieder: Der britische Pianist Stephen Hough spielte beide Brahms-Klavierkonzerte, Dirigent war sein Landsmann Mark Wigglesworth.

Von Horst Reischenböck

Was wäre wohl entstanden, wäre nicht der Mentor des jungen Johannes Brahms, Robert Schumann, 1856 gestorben? ohne den Tod des entstanden? Die Erschütterung schlug sich vorerst in einer Klaviersonate zu vier Händen nieder. Danach erwog Brahms eine symphonische Umarbeitung, die letztlich in sein Erstes Klavierkonzert in d-Moll op. 15 floss. Der zweite Satz der Sonate fand dann aber Eingang in „Ein Deutsches Requiem“  – ein zusätzlicher Trauermarsch hätte wohl zu viel des Guten bedeutet – und der dritte Satz ging noch später im Finale seiner Ersten Sinfonie aufging.

Der offenkundige Albtraum hat sich also gleich im Kopfsatz des d.Moll-Klavierkonzerts ausreichend niedergeschlagen. Denn so dramatisch wie der Tutti-Einstieg hier über dem Donnergrollen der Pauke war zuvor noch nie ein Werk dieser Gattung begonnen worden. Das wieder einmal prächtig aufspielende Mozarteumorchester hat diesen Emotionsanspruch am Sonntag (13. 1.) im Großen Festspielhaus vollinhaltlich entsprochen, in Großbesetzung und althergebrachter Aufstellung mit den Bässen links hinter den Ersten Geigen. Und durch die engagierte Zeichen des in Salzburg nicht unbekannten Mark Wigglesworth entsprechend angestachelt.

Eigentlich ist es ja ein „Doppelkonzert“ insofern, als auch der Solopart nach wie vor orchestrale Klangfülle in sich birgt – eine solche hatte Schumann schon in Brahms’ frühen Klaviersonaten herausgehört. Brahms muss ein veritabler Klaviervirtuose gewesen sein, das unterstreicht der anspruchsvolle Part nachdrücklich. Der darin fast ausufernden Gegenrede ergab sich Stephen Hough leidenschaftlich in der ihm zugedachten Art und Weise am Steinway, der im Forte gelegentlich aber etwas zu metallisch dünkte. Nach der von Brahms, der seine Gefühle doch nicht öffentlich kund tun wollte,  gestrichenen Überschrift „Benedictus“ über dem Adagio, aus dem sich Hough bis fast zur Unmerklichkeit heraus stahl, stieg er weiter begeisternd ins fulminant genommen „ungarisch“ beeinflusste Rondo ein.

Kein größerer Unterschied ist denkbar als jener zum Zweiten Klavierkonzert in B-Dur op. 83: Nach der Pause also gleichsam eine Wendung von der Nacht zum Tag, von emotionaler Dunkelheit ins positive Licht. Somit ein zweiter kapitaler „Brocken“, dieses viersätzige Stück, das eigentlich eine Sinfonie ist. Die beiden Werke hintereinander zu spielen ist selbst für einen „gestandenen“ Virtuosen wie Stephen Hough eine nicht gering zu schätzende Leistung!

Nach dem eher zügig genommenen Hornsolo versenkte er sich vorerst nachdenklich in die lyrischeren Passagen des Kopfsatzes, um dann wie vorgegeben „leidenschaftlich“ kraftvoll ins Allegro einzusteigen. Für das grimmige Scherzo mochte sich Brahms an den entsprechenden Satz seiner frühen Serenade Nr. 1 erinnert haben. Genauso aber entsprach Hough dem Wohlklang der anschließend tonschön erblühenden Cellokantilene und setzte dahinter letztendlich ähnlich beglückend den Schlusspunkt, darin vom Mozarteumorchester und Gastdirigent Mark Wigglesworth im selben Geiste exzellent unterstützt. Den danach aufbrausend und lang anhaltend jubelnden Dank kalmierte Hough zart mit Robert Schumanns "Träumerei".

Hochkarätig besetzt auch die nächste Sonntagsmatinee des Mozarteumorchesters am 14. März: Lilya Zilberstein (Klaviere) spielt die Rhapsodie über ein Thema von Paganini von Rachmaninow, Dmitri Kitajenko dirigiert außerdem die „Sinfonie classique“ von Prokofjew und Tschikowskijs „Fünfte“ - www.mozarteumorchester.at
Bilder: stephenhough.com /  Andrew Crowley (1); www.markwigglesworth.com / Sim Canetty-Clarke (1)

 

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