asdf
 

Feuerwerk oder Höllenfeuer?

CD-KRITIK / FIRE MUSIC

31/12/20 Feuerwerk darf an den wenigsten Orten sein zu diesem Jahreswechsel. Zündet man trotzdem eine Rakete, könnte man doch glatt von Zeitgenossen zur Hölle gewünscht werden. Besser mit einer Fackel und gehörigem Abstand ins neue Jahr tanzen?

Von Reinhard Kriechbaum

Bransle de la torche, ein Schreittanz mit Fackel. Ein solcher Stücktitel aus Praetorius' Sammlung Terpsichore würde noch nichts Böses ahnen lassen. Er eröffnet aber eine gar feurige Musik-Anthologie. Schon im zweiten Stück findet man sich nämlich - mit William Byrd - in der Hölle wieder: Gedenke, Mensch, dass Du wieder zur Asche zurückkehrst...

Katharina Bäuml, eine Spezialistin für Schalmei und Pommer, schürt nun das Feuer, nachdem sie ihr Publikum auf einer CD mit Water Music Erzählungen von Nymphen und Sirenen hat nachlauschen lassen (diese CD ist 1016 mit einem Echo Klassik ausgezeichnet worden). Für die Capella de la Torre, ein Ensemble erstklassig-stilkundiger Vokalisten und Bläser, die so recht eingefuchst sind in Renaissance und Frühbarock, hat sie wohl schon ideengeschichtliche Programme zu den weiteren beiden Elementen, Luft und Erde, im Kopf...

Um die Ideen geht es, nicht um Lautmalerei oder äußere Effekte. Die Textdichter für Madrigalkomponisten wie Luca Marenzio, Giovanni Ghizzolo oder Giovanni Domenico de Nola etwa haben im Feuersalamander ein Sinnbild für verliebte, im Wortsinn entflammte Menschen gesehen. In der Legende heißt es ja von diesem Tier, es lebe in den Flammen. Auch kommt Vulkanus, der Gott des Feuers ins Spiel, und mit ihm die Feuer der irdischen Liebe, sprich Venus und Mars. Aber die stehen ganz am Schluss dieses Streifzugs durch Schall und Rauch. Ja, Rauch auch! In einer Rauchwolke nämlich muss - laut einer Episode im Orlando furioso des Ariost - die junge hübsche Lidia büßen, weil sie sich einem Ritter verweigert und dieser daraufhin den Tod gefunden hat. Pietro Vinci hat ein Madrigal über die weniger bekannte Dame

Die Feuerzungen, die zu Pfingsten vom Himmel kommen, sind in einem Hymnus Veni creator spiritus von Tomás Luis de Victoria nicht bedrohlich, sondern stärkend: Wer davon eine Dosis abbekommt, spricht laut Bibel nicht nur in unterschiedlichen Sprachen, er hat auch genug Mut, um eine nicht wenig turbulente instrumentale Folía aus der Feder von Diego Ortiz zu tanzen. Gefährlicher ist's schon, mit dem Feuer zu spielen, sprich: der Sünde anheim zu fallen. Das Madrigal El Fuego von Mateo Flecha gibt eine mehr als anschauliche Anleitung, dass man solche Flammen schleunigst mit dem Wasser der Tugend und des Wohlverhalten ersticken möge.

Eine anregend assoziative Annäherung ans Feuer also, mit einem hohen Anteil an wenig oder gar nicht bekannten Stücken vorwiegend aus dem 16. Jahrhundert. Die Capella de la Torre und ihre Leiterin haben reichhaltiges Instrumentarium - von Schalmei über Pommern, Dulzian, Posaune, Blockflöten, dazu eine Continuogruppe mit Laute und Orgel und Percussion (die man gerne würzend einsetzt). Das sichert nicht nur viel Farbe in den Instrumentalstücken, sondern auch kräftige Akzzente in den Madrigalen, in denen Instrumente die Singstimmen nicht nur stützen, sondern oft auch ersetzen. Die Auszierungen sowohl im instrumentalen wie im vokalen Bereich sind stilsicher und technisch brillant ausgeführt.

Ist es klug, durch Wohlverhalten die Begegnung mit den Höllenflammen ganz zu vermeiden? Eine anonym überlieferte Ciaconna di paradiso e d'inferno schildert die beiden möglichen Zielpunkte im Jenseits, Sopran (Paradies) und Tenor (Unterwelt) schildern abwechselnd Befindlichkeiten und Aussichten. Da steckt nicht wenig Ironie drin, jedenfalls empfinden wir Heutige das so.

Fire Music. Infernal Flames and Celestial Blaze. Capella de la Torre, Katharina Bäuml. deutsche harmonia mundi, dhm 88985360302

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014