Diese Paarung ist für gerade dieses nicht mehr ganz junge Publikum recht interessant. Es hat ja entscheidenden Paradigmenwechsel in der Interpretation miterlebt. Die Spannung, die sich mit der historischen Musikpraxis aufgetan hat, ist innerhalb einiger Jahrzehnte im Mainstream gelandet. Die Cappella Andrea Barca spielt auf modernem Instrumentarium, was jetzt wieder überraschende Einblicke in Bachs Musikwelt eröffnet. So ist Schiffs herrlicher Bösendorfer unter den Händen seines Meisters in höchstem Maße eine perlende Quelle transparenter und dynamisch nuancierter Freuden, die sich im breiten Wohlklang auch des Tutti so richtig entfalten können.
Sowohl im Brandenburgischen Konzert Nr. 5 BWV 1050 wie auch im Tripelkonzert für Flöte, Violine, Klavier, Streicher und Basso continuo a-Moll BWV 1044 tun sich da die Solo-Partner nicht ganz so leicht. Ob Wolfgang Breinschmid in BWV 1050 oder Wally Hase in BWV 1044, die moderne Querflöte ist in den tiefen Lagen so luftig unterwegs, dass sie im massiven Klang der ersten Sätze tendenziell aufgesaugt wird. Erst in den Mittelsätzen als unbegleitetes Trio müssen da Flöte und Geige (Erich Höbarth) nicht mehr um Dominanz kämpfen, wenn sie an der Seite des Klaviers ihre bezaubernden Geflechte weben. Das finale Allegro des Fünften Brandenburgischen Konzerts mit seinem hüpfenden Thema ist dann den beiden ebenfalls freundlich gesonnen und lässt das Klavier in polyphonen Kaskaden brillieren. Das finale Tempo di Allabreve im Tripelkonzert wiederum ist ein eigenartiges Stück in einem maschinenhaften Gestus, der in gespenstisch fahle Klanggefilde führt. Das polyphon dahin preschende Orchester wird von Klavier-Rritornellen gebrochen. Die ausladende Kadenz im ersten Satz des Brandenburgischen Konzerts verdeutlicht besonders im Spiel Schiffs auf seinem Flügel die Beziehung auf künftige Gegebenheiten in der Konzertmusik für und mit Klavier.
Schlicht umwerfend schön ist Mozarts Klavierkonzert C-Dur KV 503 angelegt. Elegant der Pomp in der Eröffnung, rund der Ensembleklang mit den Bläsern, delikat das Holz, kraftvoll und dabei distinguiert das Klavier. Wunderbar der Kontrast zwischen dem Schmelz der Register hin zu den beinahe derben Stößen eines Klopfens, das den Eintritt des Hauptthemas bereitet. Die Durchführung besticht im farbigen Geflecht und in die Klavierkadenz schleicht sich die Marseillaise. Das Andante erfühlt Seelenfrieden, im an sich tänzerischen Finalsatz trübt sich die Stimmung schon im Verlauf des Themas, um im Wechselspiel der Kombattanten durchaus in abgründige Gefilde vorzudringen.
Das ist dann die Welt für das Klavierkonzert in c-Moll KV 491. Unisono faltet sich das Orchester in einen äußerst dramatischen Gestus auf, die liebliche Gegenseite im Holz muss sich die erneute Dramatisierung in die Schlussgruppe gefallen lassen. Erst das Klavier besänftigt in abgeklärter Selbstverständlichkeit und federt folgende Aufwallungen ab. Zum lieblichsten Effekt bedient es sich der Klarinette, mit der es innig kommuniziert in der modulierenden Überleitung. Das Orchester schlägt sich in den Schluss, bevor die Durchführung die Szene verdüstert. Die Kadenz setzt lyrisch dagegen und weiterhin auf Entspannung im Drama, das einfach ausperlt.
Herrlich die Klangfarben des Orchesters, hervorzuheben die blühenden Bläser. Wunderbar umschlungen die Bögen des langsamen Satzes. Die Verdichtung im Wechselspiel der Register steigert sich im Finalsatz, dessen schlichtes Thema durch den Variationswolf gedreht wird. Zwar gibt es im Kontrast dazu seliges Verweilen, dominant ist aber der Tanz mit Tendenz bis zum komplex organisierten Remmidemmi. Nach der variationsträchtigen Kadenz wird der verblüffende Schluss mit aller zur Gebote stehenden Farbigkeit ausgekostet.
Das ob dieses Klangfestes begeisterte Publikum erklatscht sich eine Draufgabe, bei der Schiff nochmals alle Register aus seinem Instrument holt zur eleganten Ausleuchtung barocker Virtuosen-Polyphonie. Gut und klug ist es, auf diese Barke aufzuspringen, solange sie noch durch die klassischen Wellen pflügt. Mögen die Reiseunternehmen diese edle Luxusklasse noch lange anbieten können.