Männer in der Krise?
LITERATURHAUS / LITERATURFRÜHSTÜCK
07/03/10 Nick Cave, hauptberuflich Rockmusiker, bildet den Einstieg in das Thema, denn sein zweiter, letztes Jahr erschienener Roman „Der Tod des Bunny Munro“ präsentiert ein Prachtexemplar von Mann, einen Handelsvertreter, der Frau und Kind verlassen hat und sich ganz dem Sex und dem Alkohol widmet.Von Michael Russ
Die Literaturwissenschaftlerin und Familientherapeutin Renate Langer versuchte beim Literaturfrühstück auszuleuchten, wie sich die steigenden Zahlen von Alleinerzieherinnen und Patchwork-Familien auf das Bild des Mannes in der Literatur der letzten fünfzehn Jahre ausgewirkt hat.
Nick Caves „Held“ also: Als Frau stirbt, muss er sich wohl oder übel seines Sohnes annehmen, gemeinsam sind sie nun auf der Reise von Tür zu Tür, der Kosmetikvertreter, der jede willige Hausfrau beglückt und der Sohn, der nicht weiß wie ihm geschieht. Bald kristallisiert sich heraus, dass der Junge um einiges reifer ist als sein Vater und nach und nach eine Art Vaterrolle übernehmen muss. „Für Jugendliche und den Schulgebrauch ist diese Lektüre nicht geeignet“, bemerkt Renate Langer mit einem Seitenblicke auf die anwesenden Schüler.
Mr. Munro ist nicht der einzige Mann, der das Erwachsen werden nicht ganz geschafft hat. Auch Wilhelm Genazino mit „Das Glück in glücksfernen Zeiten“, Thomas Glavinic mit „Wie man leben soll“ und Arno Geiger mit „Es geht uns gut“ belassen ihre Protagonisten in der Daueradoleszenz. Ihre Beziehungen sind nicht wirklich zukunftsträchtig und Kinder kommen nicht in Frage. Nur keine Verantwortung übernehmen.
Ähnlich gelagert ist die Sache bei den auf den eigenen Körper fixierten Männern aus Bodo Kirchhoffs „Erinnerungen an meinen Porsche“ und John von Düffels „Ego“. Düffels Protagonist ist eigentlich auch nicht an Familiengründung und Kindern interessiert, weil es ihn nur vom Bodybuilding abhalten würde. Allerdings scheint es ihm ein guter Plan zu sein, eine Konkurrentin auf dem Karriereweg zu schwängern und sie somit auszuschalten. Ob so etwas funktioniert?
Es gibt aber auch Söhne, die das Glück haben einen guten Vater und zumindest einen Mentor zu finden: nachzulesen bei David Gilmour in „Unser allerbestes Jahr“ und bei Benjamin Lebert in „Flug der Pelikane.
Alles in allem ein interessantes Thema. Leider war Renate Langer diesmal nicht besonders gut in Form. Sie hatte sich wohl zu viel vorgenommen und versuchte eine Liste von 21 Büchern abzuarbeiten.
Sie hat zudem auch noch die Vatersuche gestreift, die Generation Golf und die Elementarteilchen. Da ging sehr viel Zeit für Inhaltsangaben drauf und wenig blieb für Renate Langers an sich messerscharfe Analysen. Im Publikum machte sich das durch eine gewisse Unruhe bemerkbar. Andererseits muss ich festhalten, dass ich etliche der Bücher auf meine Leseliste gesetzt habe. Trotzdem der Wunsch an’s nächste Mal: Bitte wieder ein kompakteres Programm.