Sagenhafte Sprachgeschenke
LITERATURHAUS / ISLAND
09/06/11 Am Mittwoch (8.6.) veranstalteten Literaturhäuser in Österreich, Deutschland und der Schweiz zeitgleich Abende mit Island-Schwerpunkt. Unter dem Motto „Literaturhaus bringt Poesie in die Stadt“ diesmal keine Plakate, sondern ein langer, vielfältiger Leseabend.
Von Sophie Plappert
Als Geschenk bekamen die Gäste eine vorab gedruckte Anthologie isländischer Lyrik geschenkt. Und bevor man die Frage zu stellen wagte: „Warum Island?“, wurde sie durch das Buch auch schon treffend beantwortet:
An einer Kreuzung wandte sich der Geschichtenerzähler Homer / dem Fahrer zu und sagte: / „Kaum vorstellbar, / daß hier in dieser regengrauen / Eintönigkeit ein Sagenvolk lebt!“ / „Aber genau das ist der Grund« (…) / „nie sehnt man sich so sehr nach / einer guten Geschichte wie dann, wenn Regentropfen / gegen die Scheiben prasseln.“
Zu Beginn jedes Veranstaltungsteiles wurden je zwei Lyrikvideos präsentiert, gestaltet von isländischen Kunststudierenden zu einem von ihnen ausgewählten Gedicht aus der Anthologie. Briefe, Islandpferde, aufgeschnittene Zitronen, schneebedeckte Landschaften, wachsende Haare waren die Impressionen von eigenständigen und phantasievollen Clips.
Hinzu kam die musikalische Gestaltung durch DJ Angelove, der zwischen und auch während der Texte improvisatorisch Musik über das Gesprochene legte und so eine weitere Dimension zu dieser ohnehin schon dichten Atmosphäre schaffte.
Poesie sei die Religion der Jugend – unter diesem Satz stand der erste Block dieses Abends. Er gehörte den jüngeren Autoren und Autorinnen, wobei jünger, so Literaturhaus-Leiter Tomas Friedmann, kein Qualitätsmerkmal sei. Tatsächlich spiegeln die Texte von Sophie Ferner, Catherine T. Nicholls, Merve Ciftci, Robert Kleindienst und Peter .W. (Wetzelsberger) oft große Weitsicht und sind doch völlig unterschiedlich voneinander.
Nach einer Pause folgte wohl der Höhepunkt dieser Veranstaltung, denn die isländische Schriftstellerin Steinunn Sigurdadottir, der „literarische Stern am Firmament der Vulkaninsel“, las Gedichte über irische Mönche und Vulkanausbrüche, Gedichte für Fortgeschrittene, eines sogar in Isländisch, das wie eine Zauberspruchsprache klingt.
Nach Sigurdadottir trat die wohl nicht minder bekannte Marica Bodroziç auf. Ihre Gedichte zeigten Spiele mit der Sprache und Kämpfe für die Sprache in einer wundervollen Poesie.
Den Schluss dieses Festes bildeten Anton G. Leitner, Arne Rautenberg und Semier Insayif. Leitner erzählte Anekdoten und las humoristische Gedichte. Die Texte von Rautenberg wirken innovativ und auch unterhaltsam. Insayifs Präsentation gestaltete sich nicht weniger spannend als Sprachexperiment mit Verknüpfungen zur arabischen Musik.
Durch all diese Einspeisungen, so verschieden kreativ und einzigartig, wurde dieser Abend zu einem äußerst fruchtbaren Erlebnis, treffend geschlossen mit den Worten: „Ich fühle mich reich beschenkt durch dieses Sprachgeschenk.“