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„Dass Du die Sternsinger wieder hörst...“

LEKTÜRE VORAB / WEIHNACHTSBRÄUCHE IN ÖSTERREICH

06/10/10 Ein Brauch, der jüngst von der UNESCO zum "Immateriellen Weltkulturerbe" gekürt werde, ist das Sternsingen in Heiligenblut. - In diesem Herbst erscheint im Verlag Pustet ein Buch über Weihnachtsbrauchtum in Österreich von DrehPunktKultur-Chefredakteur Reinhard Kriechbaum. Da gibt es auch ein Kapitel über die Heiligenbluter Sternsinger.

Von Reinhard Kriechbaum

altKein Haus darf ausgelassen werden, das ist der alte Brauch. Für die Sternsinger und für die von ihnen Besuchten heißt das: Lange wach bleiben in der Nacht von 5. auf 6. Jänner – oder, wenn der Besuch gar schon in den frühen Morgen stattfindet – hurtig aus dem Bett, um den gerne gesehenen Gästen die Tür zu öffnen...

Das Sternsingen in Heiligenblut ist einer der schlichtesten, vielleicht urtümlichsten Dreikönigsbräuche in Österreich. Acht Rotten (Gruppen) sind es, die das geweihte Licht der Weihnachtskrippe in der gotischen Kirche vom Pfarrer in Empfang nehmen und in alle Häuser, selbst bis in die weit entlegenen Bergbauernhöfe bringen. Kurz vor 16 Uhr treffen die Sternsingergruppen zusammen, alte ebenso wie junge Menschen. Die Rotten ziehen hinter ihrem Sternträger feierlich in die Kirche ein und stellen sich zur Aussegnung in einem Kreis um den Altar auf. Zu den Liedern der Sternsinger werden schon die Sterne gedreht.

„Bräuche mit edlen Grundgedanken lassen sich nicht kommandieren, lassen sich nicht arrangieren“, erklärt Bernhard Pichler vom Tourismusverband, der in dieser Nacht selbst als Sternsinger unterwegs ist. „Das mag vielleicht der Grund dafür sein, dass sich gerade dieser Brauch Jahrhunderte lang unverändert erhalten hat.“ In schlichter Kleidung, nur mit dem beleuchteten Stern als Attribut, zieht man von Hof zu Hof. Stundenlang altalso stapfen die Sternsinger in dieser Nacht durch den tief verschneiten Ort und auch zu entfernt liegenden Bauernhäusern. Die „längste Nacht von Heiligenblut“, sagen die Einheimischen. Überall erwartet man sie.

Die Rotten sind nicht in spezielle Tracht gekleidet, aber doch einheitlich gewandet. Manche Gruppen tragen Lodenmäntel, Filzhüte, lange Stöcke und Laternen. Eine Rotte besteht aus etwa einem Dutzend Sängern, fünf Musikanten und einem Sternträger. Er trägt einen kunstvoll bemalten, von innen beleuchteten Stern, der mit einer Schnur in Bewegung gehalten wird. Dank sei dem Akku, mit Kerzen braucht man sich doch nicht mehr herumzuschlagen.

Die Bläsergruppe kündigt den Hausbewohnern das Kommen an. Im Halbkreis stellen sich die Männer auf, die Laternen haben sie vor sich abgestellt. Viele Strophen hat das Lied, das den Bewohnern die Heilsgeschichte in Reimen verkündet. Dazu wird der Stern gedreht. Die Lieder für diese Nacht wurden einst von Mund zu Mund weitergegeben, erst in neuerer Zeit hat man sie aufgezeichnet. An die zweihundert Sternsingerlieder sind bekannt!

Vor einigen wenigen Häusern steht sogar noch die so genannte „Weihnachtstachse“: Das ist eine bis zum Wipfel entschälte und entästete Fichte, von deren mittelhochdeutschem Namen „dehse“ sich die heutige Bezeichnung ableitet. Nur der Wipfel ist mit bunten Papierbändern geschmückt.

Anschließend werden die Sternsinger zu Speis und Trank ins Haus eingelassen – und auch da wird gesungen und gespielt. Es gibt Süßigkeiten für sie. Mit den Worten „Recht schean dank und die Alten bleib’n“ verabschiedet sich der Rottenführer und die Hausleute antworten: „Recht schean dank und wieda so guat sein.“ Erst in den Morgenstunden kehren die Sänger heim.

In welch hohem Maße die Rotten mit der Laterne, der Musik und dem Stern von der Bevölkerung geschätzt werden, wie sehr der Brauch des Sternsingens in den Herzen der Bewohner Heiligenbluts verankert ist, beweist der Neujahrswunsch wohl am deutlichsten. Während man sich anderswo „Prosit Neujahr“ zuruft, heißt es in Heiligenblut: „Und dass du die Sternsinger wieder hörst!“

Zur Verlags-Website: http://www.pustet.at
Zur Meldung {ln: Walzer tanzen und es krachen lassen}

 

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