asdf
 

Alle lieben Salzburg?

BUCHBESPRECHUNG / ECHT SALZBURG / DAS BUCH ZUR SOMMERSZENE

08/07/10 "Die alte und auch ein wenig verlotterte Stadt gehörte nun mir. Ich hatte beschlossen, sie schön zu finden. Die engen Gassen, je schäbiger desto lieber, die weiten Plätze, je verlassener desto besser, schienen mir als Attraktion. Besonders nachts, wenn ich alleine auf dem Weg durch die Altstadt trabte, fühlte ich einen Stolz, an diesem Ort zu sein."

Von Heidemarie Klabacher

altMan sollte öfter durch Salzburgs nächtliche Gassen streifen. Man trifft dort anscheinend namhafte Salzburgerinnen und Salzburger - Eingeborene und Zugereiste - zuhauf.

Klemens Renoldner etwa scheint schon als junger Student nächtliches "Traben durch die Altstadt" anders interpretiert zu haben schien, als seine Kommilitonen (er ist aber auch im Anzug zur Aufnahmsprüfung am MOZ angetreten). Und er hatte schon damals "keine Probleme damit, die inszenierte Märchenwelt aus fernen Tagen" mit seiner Gegenwart in Verbindung zu bringen. Und heute? Nach zwanzig Jahren ist Renoldner als Leiter des Stefan Zweig-Centre in der Edmundsburg auf dem Mönchsberg gleich gar ins Herz der Stadt zurückgekehrt. Wie auch Karl-Markus Gauß einmal im DPK-Gespräch erzählt hat, müsse auch er sich dafür spöttische Kommentare von Wiener Freunden anhören. Aber auch Klemens Renoldner sieht das locker: "Und sollte es mir eines Tages hier nicht mehr gefallen, dann übersiedle ich nach Valparaiso."

altDie Politikwissenschaftlerin Sonja Puntscher-Riekmann zählt die "nächtlichen Spaziergänge durch die leere Altstadt, am besten im Winter, vor oder nach Weihnachten, das heißt vor oder nach dem Christkindlmarkt" überhaupt "zu den schönsten Augenblicken" ihres Lebens in Salzburg. Gleichzeitig beunruhigt sie aber auch die "Leere": "Die schönsten Caféhäuser schließen früh oder sind spärlich besucht, sie sind kaum Begegnungsorte der einheimischen Bevölkerung." Was die Universitätsprofessorin für Politische Theorie aber besonders beunruhigt, "ist die Abwesenheit der Jungen": "Salzburg ist Universitätsstadt, doch man merkt es nicht."

Neben Klemens Renoldner und Sonja Puntscher-Riekmann haben Max Blaeulich, Karl-Markus Gauß, Johannes Voggenhuber und Michael Stolhofer sich Gedanken über Salzburg gemacht. "Echt Salzburg" heißt das Buch, das zur Sommerszene 2010 erscheint. "Liebend-kritisch, historisch-kulturgeschichtlich analysierend" ist der Blick, der in den sechs Essays von unterschiedlichsten Persönlichkeiten auf die Stadt geworfen wird.

altJemand ganz Fremder bekäme ein ganz gutes, sogar ziemlich ausgewogenes, Bild der Stadt, aufgenommen aus unterschiedlichsten Perspektiven. Oder umgekehrt, fast wie Sattler mit seinem Panorama, nur ohne Leinwand: Von einen gemeinsamen Standtort aus (wohl reflektierte kritische Zuneigung) wird die Stadt in ihren unterschiedlichsten Facetten "gescant". Das ein Johannes Voggenhuber dabei Politisches streift, versteht sich: "Die erste sozialdemokratische Landeshauptfrau bemüht sich tagein tagaus, den Argwohn zu zerstreuen, es würde sich durch ihre Wahl irgendwas ändern." Dem ist nichts hinzuzufügen. Weder denkmalpflegerisch noch sonst irgendwie verständlich ist dagegen der Satz: "Die Kirche ist seit Langem ohne jedes Interesse am Wohl und Wehe 'ihrer' Stadt." Das Elend um Verkehr, Massentourismus, Bildung oder Bausünden könnte man dagegen kaum treffender zusammenfassen als es Johannes Voggenhuber auf diesen wenigen Seiten gelingt.

"Salzburgs Kapital ist der Stillstand", sagt denn auch Szene-Intendant Michael Stolhofer: "Salzburg ist ein Abspielplatz, in dessen gleich bleibender Kulisse vieles Platz findet, soweit es nachher wieder verschwindet."

Der Großteil des Buches gehört freilich den Bildern von Salzburgerinnen und Salzburgern: Stimmungsvolle Porträts von Menschen aus insgesamt 149 Nationen, die Anja Hitzenberger und Anusha S. Yadav für die Freiluft-Ausstellung "Porträts einer Stadt" gemacht haben. Zu sehen sind die Porträts bis 25. Juli auf dem Müllnersteg, dem Makartsteg und dem Salzachufer dazwischen, sowie im Rahmen von Installationen im Republic.

Echt Salzburg. Sommerszene. Verlag Szene Salzburg. Salzburg 2010. - Das Buch wird kostenlos abgegeben, solange der Vorrat reicht. Zu bestellen unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder telefonisch unter 0662/843448
Die Sommerszene 2010 beginnt heute Donnerstag (8.7.) - www.sommerszene.net
Bilder: Sommerszene

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014