Tag eins: From Hell to Paradiso
RAURISER LITERATURTAGE / ERÖFFNUNG
08/04/10 Es wird eng. Ziemlich eng sogar, wenn die 40. Rauriser Literaturtage eröffnet werden. Denn zu dieser Geburtstagsfeier quetschen sich Literaten und literarisch Interessierte, in der Hoffnung gerade noch einen Sitzplatz zu bekommen, im großen Saal des Gasthofs Grimming zusammen.
Genau so viel Sitzfleisch, wie die Besucher am Mittwoch (7.4.) Abend unter Beweis zu stellen hatten, legt auch die Veranstaltung selbst an den Tag, oder besser gesagt ans Jahr; Eine eigenartige Mischung aus Alpenluft, Dichtung und persönlichem Kontakt zwischen Schreibenden und Lesenden hat sich in vier Jahrzehnten zu einem Fixpunkt in der deutschsprachigen Literaturszene entwickelt, abseits der großen institutionalisierten Messen. Seit zwanzig Jahren unermüdlich dafür im Einsatz ist Brita Steinwendtner; die organisierende Powerfrau will zur Literatur führen und dazu verführen, was sich vielleicht auch im heuer mit dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichneten Roman „Paradiso“ von Thomas Klupp wiederspiegelt. Seine Hauptfigur, ein arrogant-charmanter Widerling, der andere ver- und an der Nase herumführt, spiegelt eine Verlorenheit in einer globalisierten Welt ebenso eindrucksvoll, wie der Prosatext des mit dem Förderpreis ausgezeichneten Martin Fritz.
Aber auf die eigentliche Preisverleihung hatte man einige Zeit zu warten, denn zwischen einleitenden Worten des Rauriser Bürgermeisters und der eröffnenden Rede der sichtlich gut gelaunten und entspannten Bundesministerin Schmied wurde ausführlich, wenn auch durchaus gerechtfertigt, gelobt und geehrt, nicht nur durch LH Gabi Burgstaller.
Dazwischen entführte Bodo Hell – er war der allererste Rauriser Preisträger - mit schräg-humorvoller musikalischer Untermalung durch das Duo AkkoSax, auf einen rasanten Countdown durch 40 Jahre Literaturtage, ohne dabei auf unauffindbare Ziegen und Klarinettisten auf Umkleidealmhäuschen zu vergessen.
In wenigen, räumlich etwas beengten Stunden spannte sich ein Bogen von der Vergangenheit bis zur Gegenwart, der im Vormittags-Gespräch heute Donnerstag über mögliche und unmöglichere gesellschaftliche Entwicklungen von Wort, Schreiben, Buch und Online-Verwertung literarischer Inhalte in die Zukunft weitergespannt wurde.