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Neue Zeit, neue Ausdrucksformen

SALZBURGER HOCHSCHULWOCHEN

07/08/11 Mit großer Mehrheit wurde dieser Tage der Publikumspreis der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen an Dominik Skala von der Universität Freiburg vergeben. Der Musikwissenschafter und Theologe referierte über Anton Webern.

„Unsicher. Sicher“ war Thema der Hochschulwochen heuer. Es war außergewöhnlich, dass sich die Zuhörer für einen Vortrag über Anton Webern und die Zwölftonmusik erwärmten. Beim Publikumspreis geht es darum, dass ein Wissenschafter nicht nur seriös referiert, sondern sein Vortrag auch lebendig ist und die Zuhörer mitreißt.

Dominik Skala ist das offenbar gelungen, obwohl er über eine Materia gesprochen hat, die (zumindest im Konzertsaal) auch nach bald einem Jahrhundert die Zuhörer irritiert. „Am Ende des 19. Jahrhunderts kommt das traditionelle Dur-Moll-System an seine Grenzen. Anfang des 20. Jahrhunderts brechen Schönberg und sein Schülerkreis die Dur-Moll-Tonalität auf in Richtung freie Atonalität. Alle zwölf Tonqualitäten erhalten den gleichen Wert. Ich frage nun, wie sinnvolle Musik entsteht, wenn die traditionelle Tonalität wegbricht“, so Dominik Skala.

Am Beispiel des dritten Satzes „Sehr bewegte Viertel“ aus Anton Weberns Orchesterstücken (1913) zeigte Skala, wie bei diesem Komponisten traditionelle und neuartige Kompositionsmethoden aufeinandertreffen, mit bewährten Mustern gearbeitet wird und doch völlig Neues entsteht. „Aus der Dekonstruktion des Bewährten wird Neues konstruiert.“ Das Ergebnis sei für die Ohren freilich gewöhnungsbedürftig. Skala bot dazu zwei Interpretationen: „Man kann einen den Verfall der traditionellen musikalischen Struktur sehen oder – diese Lesart präferiere ich – man erkennt, dass die traditionelle Kompositionsmethode am Ende ist und eine neue Zeit neuer Ausdrucksformen bedarf.“

Der zweite Preis ging an Patrick Becker aus Aachen. Er sieht im Zusammenspiel von intellektueller Herausforderung und sicherer, geborgener Umgebung die Voraussetzungen für gelingendes Lernen.

Beim Themenkreis „Sicher. Unsicher“ der diesjährigen Hochschulwochen war logischerweise die Option einer Wandlung beziehungsweise Anpassung der Kirche an neue Gesellschaftsformen ein Thema. Das Lesen der „Zeichen der Zeit“ sei eine zentrale Botschaft des 2. Vatikanums, scheine jedoch zu einer Minderheitenposition geworden zu sein, so Prof. Lieven Boeve (Leuven). Er und sein Theologen-Kollege Prof. Matthias Sellmann (Bochum) zeigten sich kritisch gegenüber einer vermeintlichen „Rückkehr zum Kern“ und forderten stattdessen eine bewusste, ernsthafte Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Kultur und Gesellschaft.

Der Religionssoziologe Matthias Sellmann betont, dass identitätsstiftende Rituale – etwa Taufe und Heirat – immer noch anziehend seien, da sie „biographisch verwertbar sind.“ Das Problem leerer Kirchen liegt für Sellmann an der mangelnden Marktfähigkeit der Kirchen. Er fordert verstärktes Kirchenmarketing mit „kundenorientierten Angeboten“.

Lieven Boeve sieht das anders: Das Bekenntnis, Christ zu sein, habe „in vielen insbesondere westeuropäischen Gesellschaften an gesellschaftlicher Anschlussfähigkeit“ verloren. Sich als Christ überhaupt verständlich zu machen, sei schwierig geworden.
(HSW/dpk-krie)

Die Salzburger Hochschulwochen sind heute, Sonntag (7.8.) zu Ende gegangen.
Die Salzburger Hochschulwochen 2012 werden von 6. bis 12. August stattfinden, zum Thema „verantworten“. Erstmals wird es englischsprachige Vorlesungen am Nachmittag geben, womit man eine Öffnung für Studierende aus ganz Europa anstrebt. - www.salzburger-hochschulwochen.at
Bilder: www.salzburger-hochschulwochen.at

 

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