Eine Liste mit dreitausend Posten
TAG DES DENKMALS / REPORTAGE (2)
23/09/10 Über eintausend geschützte Objekte wacht Ronald Gobiet allein in der Stadt Salzburg, im Land sind es weitere zweitausend. – DrehPunktKultur nützte den bevorstehenden „Tag des Denkmals“ (am 26.9.) zu einer kleinen „Spritztour“ mit der Salzburger Landeskonservator.
Von Reinhard Kriechbaum
„Auf den Pfarrhof müssen wir aufpassen“, sagt Ronald Gobiet bei der Durchfahrt durch die Lungauer Ortschaft Tweng, und weist auf das Gebäude rechts etwas abseits der Straße. Wenn unsereins sonst mit dem Landeskonservator zu tun bekommt, sind das ja meist große Dinge: die Kollegienkirche oder dergleichen. Die Alltagsarbeit sieht anders aus für die neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landeskonservatorat. Kurze Fahrtunterbrechung in Kuchl, fünfzehn oder zwanzig Meter Friedhofsmauer sind zu begutachten. Sie ist desolat, und die Frage ist, ob man sie abreißt oder wie man sie herrichtet. Eine im wahrsten Sinn des Wortes durchwachsene Sache. Gobiet und ein Mitarbeiter begutachten die Mauer. Daneben wir schon an der Umgrenzung einer Friedhofserweiterung gewerkt, in leuchtend weißem Beton Und der Rest der Mauer ist Salzburger Nagelfluh. Kurzes Telefonat ins Büro. Steht eigentlich die Friedhofsmauer auch unter Denkmalschutz oder nur die Kirche?
„In Österreich stehen 1,4 Prozent aller Bausubstanz unter Schutz“, erklärt Gobiet. Einem Laien mag das viel erscheinen, dem professionellen Denkmalschützer ist es entschieden zu wenig. „Es soll auf zwei Prozent erhöht werden, es gibt europäische Standards.“ Aber Gobiet ist sich natürlich sehr bewusst, dass die Unter-Schutz-Stellung von Bauwerken jeweils auch ein Eingriff in die Privatsphäre ist. Im Tiroler Rattenberg stellt man demnächst den ganzen Ort unter Ensembleschutz. Das soll fürs Bundesdenkmalamt ein – dann auch entsprechend medienwirksam aufbereitetes – Vorzeigeprojekt werden.
Was steht in Salzburg an? Mit der Großglockner Hochalpenstraße AG sei man eng im Gespräch. Da ginge es also um den Gesamtschutz, den Straßenverlauf selbst, um Befestigungsbauten und Brücken, um die charakteristischen blau-weißen Leitplanken, aber auch um den Maschinenpark. Das Geht natürlich nur Schulter an Schulter mit dem Betreiber der Straße, wie überhaupt der Denkmalschutz sehr vom guten Willen der jeweiligen Eigentümer abhängt. Genau deshalb ist das Ortszentrum von Bad Gastein eines der größten Sorgenkinder von Ronald Gobiet im Bundesland. Auch die Monikapforte in Salzburg/Mülln ist derzeit ein schwelendes Verfahren. Im Gut Guggenthal zeichnet sich eine Lösung ab. Ein weiteres Sorgenkind: ein Ensemble alter Schifferhäuser in Oberndorf.
Im Vorbeifahren an Radstadt weist Gobiet auf Tandalier und freut sich, dass da ein Spuk offenbar vorüber ist: Ein Neubau neben dem Schlösschen war geplant gewesen. „Ich wurde zu vielen Besprechungen nach Wien gerufen“, erinnert sich der Landeskonservator. Dann stellte sich freilich heraus, dass gerade am geplanten Bauort eine naturgeschützte Föhren-Gruppe steht. „Seither ist Funkstille!“ Übrigens kann man auch wohlmeinend des Guten zu viel tun: „Salzburg ist ein Rückzugsgebiet für deutsche Millionäre“, weiß Gobiet, und er klagt, dass er mit seinen Anliegen da oft gar nicht an die entscheidenden Adressaten herankomme. Aber „gerade der direkte Kontakt ist wichtig“. Zu viel Geld könne auch zerstören, „die Armut ist der beste Konservator“.
Zwischen 800.000 und 900.000 Euro Jahresbudget hat Gobiet in Salzburg – für Großprojekte wie die Kollegienkirche gibt es im günstigen Fall Sondermittel.“Ich bin bekannt dafür, dass ich in Wien ein aktiver Lobbyist bin“, sagt er. „Salzburg hat als Bundesland in Wien nämlich keinen hohen Stellenwert“, plaudert Gobiet aus der Schule. Das liege auch daran, dass die Kultur ressortmäßig dreigeteilt sei (Brenner, Haslauer, Eberle). Bei Doraja Eberle ist ressortmäßig der Denkmalschutz angesiedelt. Wer kennt diesen Namen schon in Wien?
„Ein Gebiet, dem ich mich zusehends widme, sind private Sponsoren“. Ob das wirklich seine Aufgabe sei, sinniert Gobiet, jedenfalls: „Ein völlig neuer Job.“ Mit Riccardo Muti habe er eine Benefizveranstaltung vor in Sachen Kollegienkirche, denn „Fischer von Erlach hat als Junger auch in Neapel gebaut.“ Für die Kollegienkirche gilt es ja noch, sechs Millionen Euro aufzutreiben. (Wird fortgesetzt)