Juwelen-Käfer. Häkel-Echsen.
GALERIE MAM / PARCOURS D’ART
06/08/15 „Juwelen“ aus dem Mistkübel? Der Juwelen-, Brillant- oder Rüsselkäfer – kurz der Entimus imperialis L. – wird geröstet und als Snack gegessen. In fernen Ländern jedenfalls. Seine kostbar schillernden Flügeldecken werden weggeschmissen. Wenn sie nicht etwa vom belgischen Künstler Jan Fabre zu opulenten Kunstwerken verarbeitet werden.
Von Heidemarie Klabacher
Von der einen Seite betrachtet schillert das mächtige 229 mal 174 Zentimeter große Kunstwerk in allen Facetten des Blau, von der anderen in allen Facetten des Grün: „King Leopold II in The Air“ aus dem Jahr 2012 ist das wohl auffälligste Kunstwerk in der Festspielausstellung der Galerie MAM.
In der Galerie im Hof der Alten Residenz und im Skulpturenpark am Ignaz-Rieder-Kai 9 präsentieren Waltraud und Mario Mauroner Werke von 22 Künstlerinnen und Künstler: Alle waren prominent bei der Biennale in Venedig vertreten, alle sind sie den Mauroners seit Jahren und Jahrzehnten eng verbunden. Darunter sind viele Spanier und Spanierinnen.
„Das Material ist unverwüstlich“, sagt Waltraud Mauroner. Die Flügeldecken des Juwelenkäfers werden nicht nur in der Kunst – auch Schmuckkünstler verwenden das Abfallprodukt – sondern auch in der Kosmetik oder in der Autoindustrie verwenden: Fein zermahlen schenken die Partikelchen Lidschatten oder Autolacken ihr kostbares Glitzern. „Jan Fabre greift gerne zu solchen Mitteln. Denken Sie an seine Arbeiten mit dem Bic-Kugelschreiber. Das ist ja ein Billigprodukt. Aber Fabre schätzt den schönen blau-violetten Farbton.“ Als Salzburger erinnert man sich natürlich an sein „Requiem für eine Metamorphose“ bei den Festspielen und die begleitenden Ausstellungen. Aber der Enkel eines französischen Insektenforschers ist nicht der Einzige, der in der Galerie MAM präsentiert wird.
Mit einem ruhigem äußerst vielschichtigen Bild, das weit reichende Assoziationen bis in die Tiefen der Zahlenmystik öffnet, ist Antoni Tàpies vertreten: „Les mains“ aus 1995 führen mit geraden Linien von der klaren schwarzen Hälfte des Gemäldes in die mit komplizierten mathematischen Zeichenfolgen voll geschriebene Hälfte in warmem Sepiabraun.
Die Spanierin Carmen Calvo ist, wie andere auch, in beiden Teilen der Ausstellung vertreten. Und zwar mit je einem großformatigen technisch verfremdeten historischen Kinder-(Erstkommunion)-Porträt. Die beiden Teile der Ausstellung – in der Residenz und am Kai – gehören zusammen, ergänzen einander, sagt Mario Mauroner.
Joana Vasconcelos umkleidet Keramiken mit alten feinen Häkel-Deckchen. An der Wand in der Galerie in der Residenz verblüffen zwei Echsen. Am Kai, allerdings indoor und nicht im Park, stehen zwei beinahe lebensgroße umhäktelte und somit verfremdete „klassische“ Skulpturen.
Vom großen 2010 verstorbenen österreichischen Bildhauer Karl Prantl lädt eine auf feinen Kies gebettete Skulptur aus Amaonit - „Russischem Granit“, wie Waldtraud Mauroner dazu sagt – zur „Meditation“ ein. „Prantl war ein fantastischer Bildhauer, faszinierender bescheidener Mensch. Er hat ein Leben lang einfach an seinen Steinen geschliffen“, sagt die Galeristin.
Fabrizio Plessis Skulpturen dagegen sind zu groß – er ist mit einer spannenden Auswahl an Skizzen aus mehreren Jahrzehnten vertreten.
Dass so viele Spanier in ihrem Programm sind, verdanken die Mauroners dem Spanier Joan Hernandez-Pijuan (1933 bis 2005), der für sie die Kontakte zu vielen Künstlern hergestellt und viele junge spanische Künstlerinnen und Künstler er empfohlen habe. Von ihm selber ist in der Galerie das Gemälde „Dibuixant als Marges“ aus 1997 zu sehen.
Noch ein Blick in den Skulpturengarten: Anthony Craggs „Wooden Crystal“ ist effektvoll präsentiert im Gegenlicht im Übergang vom Saal zum Skulpturengarten. Dort schützt seit kurzem ein elegantes „Glashaus“ 4,5 Tonnen strahlend weißen Carrara Marmors: „Atlas on the roof of the world“ heißt die Skulptur von Jan Fabre.
Mit größtem technischen Aufwand habe man die tonnenschwere Skulptur zwischen den fertig aufgestellten Glaswänden – die quasi nur „geklebt“ sind und ohne störende Metallkonstruktion auskommen – abgesenkt, erzählt Waltraud Mauroner. Ob schillernde Käferflügel oder schimmernder Marmor – die Arbeiten von Jan Fabre schweben auf jeden Fall in Leichtigkeit und Poesie.