Runde Dinge rund um Glasgow
HINTERGRUND / ARNO-LEHMANN-PREIS FÜR KERAMIK
22/06/20 Faistauer-Preis (für Malerei), Slavi Soucek-Preis (für Druckgraphik), Eligius-Preis (für Schmuck) – neuerdings hat auch der Keramik-Preis des Landes Salzburg den Namen eines Salzburger Künstlers. Man erinnert an Arno Lehmann. – Dieses Jahr ist Oktavia Schreiner Preisträgerin.
Von Reinhard Kriechbaum
Arno Lehmann war einer von jenen Künstlern, die auf der Festung über Jahrzehnte ein Atelier hatten und dort – die Location war noch nicht zu hundert Prozent in touristische Hände gefallen wie heutzutage – ihrem je eigenen Kunstsinn nachhingen. Da waren etwa der Maler Sepp Hödlmoser, der sich als Autodidakt seine ganz eigene Bresche in die Moderne schlug. Oder Holzbildhauer Alois Lindner, der Skulpturen schuf, die man auch als Musikinstrumente verwenden konnte. Arno Lehmann, 1905 geboren, stammte aus Deutschland. Er lebte ab 1949 in Salzburg. Bis zu seinem Tod (1973) schuf er in seinem Festungs-Atelier Keramiken.
Keramik – wir reden von ernsthafter Kunst, nicht von Kunsthandwerk! – war und ist ein echtes Nischenprodukt. Der nun nach Arno Lehmann bekannte Keramikpreis ist der einzige für diese Sparte in Österreich. Die Auszeichnung wird seit 1989 ausgelobt, seit 1993 österreichweit. Heuer wurde sie das elfte Mal vergeben. Voraussetzung für die Bewerbung um den Preis ist, dass sich die Künstlerinnen und Künstler vorrangig mit keramischen Werkstoffen (Lehm, Ton, Porzellan) auseinandersetzen. Natürlich sind auch Kombinationen mit anderen Werkstoffen möglich.
Heuer hat es sechzig Einreichungen gegeben, elf Preis-Kandidaten wurden zur Ausstellung in die Landesgalerie (sie heißt seit einiger Zeit Kunst im Traklhaus) eingeladen. Sie ist dieser Tage zu Ende gegangen. Wie auch bei anderen Preisen für bildende Kunst üblich, hat die Jury den mit derzeit 7.000 Euro dotierten Preis nach Begutachtung der Ausstellung vergeben. Die Wahl fiel auf die 1991 in Salzburg geborene Oktavia Schreiner. Sie hat 2017 ihr Studium an der Kunstuniversität Linz abgeschlossen, jetzt lebt und arbeitet sie in Glasgow. Werke von ihr wurden schon in Ausstellungen in den USA, in Schottland und im Egon Schiele Art Center Krumau (Tschechien) gezeigt.
Im Traklhaus waren zwei charismatische Arbeiten von ihr zu sehen. Die eine erinnerte ein wenig ans Sattler-Panorama, freilich eines, das aus einem Kreisrund von nicht einmal kniehohen Keramikplatten bestand. Auf der nach innen gewandten Schauseite trugen diese ringförmig abgeordneten, schräg auf Holzlamellen montierten Platten Motive aus wenig attraktiven Randbezirken von Glasgow. Eine eigenartige Mixtur aus Industrie, Natur und bewohntem Stadtgebiet. Auch für andere runde Objekte, montiert in einem Holzrahmen, fand Oktavia Schreiner ihre Motive im Weichbild von Glasgow. Ein wenig erinnern diese drehbaren Objekte an tibetische Gebetsmühlen – aber was für Gebete, wenn nicht Stoßseufzer wären da angebracht?
Gerade die Rahmenkonstruktionen für Oktavia Schreiners Arbeiten haben es der Jury angetan: „Insbesondere überzeugte ein struktiver Zugang in der Wahl von Gerüsten und Sockeln als integrativer Bestandteil der Arbeit, der die keramischen Komponenten wirkungsvoll in Szene setzt“, so die Juroren Rainald Franz vom MAK Wien, Frank Louis von der Universität für Gestaltung Linz und Keramik-Preisträger 2015 sowie Olga Okunev als Vertreterin des Kultur-Ministeriums.