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Was Blinde mit der Kamera „sehen“

DAS ZIMMER / MICHAELA GRIESHABER

17/06/10 Mülltonnen morgens in der Kaigasse: Die fotografiert er, weil sie an Abholtagen übervoll herum und ihm im Weg stehen. Josef Schinwald ist nämlich blind. Da sind Mülltonnen an unerwartetem Ort Hindernisse.

Von Reinhard Kriechbaum

altDas erfährt man aus einem Interview, das in der Ausstellung auch zu hören ist. Josef Schinwald ist einer jener Blinden oder in ihrer Sehkraft stark eingeschränkten Menschen, mit denen Michaela Grieshaber gearbeitet hat. Was sie interessierte: Was entsteht, wenn man blind oder beinah blind ein Foto macht? Wie verändert sich die Wahrnehmung, wenn der Sehsinn wegfällt? Wie nähern sich Blinde oder sehbehinderte Menschen an das Medium Fotografie an?

Das also ist Thema von Michaela Grieshabers Studien-Abschlussausstellung im „Zimmer“ des Mozarteum-Hauptgebäudes. Der vierzehnjährige Sebastian Traugott ist völlig blind. Wenn er die Kamera auf etwas richtet, ist das Ergebnis also zufällig, der Bildausschnitt muss nicht das gewünschte Motiv im Zentrum haben. Gesichter und andere wesentliche Dinge können abgeschnitten sein. Das hat also etwas Zufälliges, und das „Knapp-Daneben“ macht möglicherweise erst den Reiz aus.

altFelix Freisinger, der nicht ganz blind ist, scheint in der Fotografie ein für ihn reizvolles, ihn herausforderndes Medium gefunden zu haben. „Schade, dass ich mich erst nach vierzehn Jahren wieder mit dem Fotografieren beschäftigt habe“, sagt er. Porträts hat er geschaffen, aber auch „Beinpartien“ von Passanten - und diese Aufnahmen erheben durchaus künstlerischen Anspruch.

Zu den Fotos hat Michaela Grieshaber jeweils auch Texte gestellt. Auch in Braille-Schrift-Version. Außerdem kann man jeden der drei Fotografen in Interviews hören.

altMichaela Grieshaber, 1982 in Füssen (Allgäu/D) geboren, hat Germanistik in Tübingen studiert, dann Bildhauerei bei Ruedi Arnold, dann Werkerziehung als Hauptfach gewählt und sich schließlich auf Neue Medien konzentriert. An der Sommerakademie nahm sie an der Foto-Klasse von Nancy Davenport teil. Sie ist gerade dabei, in der Kunstszene Fuß zu fassen. Im November 2009 war sie beteiligt an der Ausstellung „Lebensmittelpunkt“ der Künstlergruppe 0813 in Hallein und bei der interaktive Medieninstallation von Benjamin Hohnheiser im Lokalbahnhof, beides Projekte im Rahmen von „Podiums 09“. Mit ihren Fotos hat sie das Foyer im Toihaus gestaltet; dort gehört sie als Theaterfotografin zum Team.

Nur noch bis morgen, Freitag (18.6.) im „Zimmer“, der ÖH-Galerie im Mozarteum. - Ebenfalls heute, Donnerstag und am Freitag (17./18.6.): Die Jahresausstellung „Rundgang 2010“ der Abteilung für Bildende Künste, Kunst- und Werkpädagogik an der Universität Mozarteum, im KunstWerk (Alpenstraße 75).
Bilder: dpk-krie
Zum DrehPunktKultur-Bericht Rundgang im KunstWerk

 

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